Refresher 02/2025 «Gleichaltrigenorientierung»

Refresher 25-02 «Gleichaltrigenorientierung»

“Mama, ich will noch auf den Spielplatz.” Wenn dieser Satz aus dem Munde deines Kindergartenkindes kommt, das eben nach Hause gekommen ist, ganz schnell seine Stärkung verdrückt hat und jetzt ungeduldig vor dir steht, dann solltest du diesen Refresher sehr ernst nehmen. 

Wir haben uns im letzten Refresher und im anschliessenden Webinar mit dem “Aufblick” beschäftigt und wie wichtig er für Kinder ist. Dieser Aufblick gerät im Kindergarten zum ersten Mal chronisch in Gefahr. Hier geschieht Kindern etwas, was nicht artgerecht ist: Kinder, die eigentlich in einer liebevollen Hierarchie leben sollten, wo sie also entweder für ein kleineres Geschwister schauen dürfen oder sich einem älteren Kind anschliessen, werden in einen Raum mit vielen Gleichaltrigen gebracht. Kinder ihres Alters sind nicht dafür geschaffen, mit ihresgleichen zu kommunizieren. Sie interessieren sich zwar füreinander, aber sie geraten schnell in Konkurrenz zueinander. Für einen guten Umgang mit Gleichaltrigen braucht es die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, ohne sich selbst dabei zu vergessen. Das ist nicht das Ding von Kleinkindern. In dieser Lebensphase sollten sie sich mit den Dingen um sie herum auseinandersetzen dürfen, entdecken, erproben, scheitern und neu beginnen - immer im Kontakt mit fürsorglichen Mitmenschen. 

Ich bewundere immer Kindergarten Lehrpersonen, die es fertig bringen, eine friedliche Atmosphäre im Kindergarten zu erreichen. Das braucht sehr! viel Geschick und ganz viel Phantasie. Auch wenn das gelingt, kommen einige Sachen zu kurz: Es fehlt ihnen die Zeit für sich selbst, für das Spielen nicht miteinander, sondern allein im Schutz einer Gemeinschaft. 

Wenn unreife Kinder interagieren, werden sie einander plötzlich mega wichtig. Gordon Neufeld spricht davon, dass sie gewissermassen fusionieren. Sie verlieren sich dabei selber. Sie haben nur noch ein Ziel: Sie wollen beisammen sein und bleiben. Die Zeit ohne die Freunde wird wertlos und andere Bindungen verlieren an Bedeutung. 

Als Eltern tun wir gut daran, diese Gefahr zu erkennen und einem Kind zu sagen: Nein, jetzt werden wir dann gleich zusammen…. Wir rechnen mit dem erbitterten Widerstand des Kindes und überwinden ihn geduldig und liebevoll. Je grösser der Frust im Kind ist, desto hellhöriger sollten wir als Eltern sein. 

Wenn du selber Kindergärtnerin bist, dann rate ich dir auf die Schnelle, mehr das Parallelspiel zu pflegen. Die Kinder sollten entweder um dich geschart sein, oder dann ihr Ding machen dürfen. Eine wichtige Ausnahme ist das Rollenspiel. Schau genau hin: Die Kinder spielen dann nicht Freundschaft unter Gleichen, sondern hierarchische Situationen nach: Kinder und Eltern, Lehrpersonen und Kinder, Hunde und Hundeführer, Patient und Arzt, Feuerwehrleute und Hilfesuchende. So zeigen sie uns an, wie sie soziale Interaktion begreifen: hierarchisch. 

Es gibt eine zweite Phase im Leben deiner Kinder, wo sie Gefahr laufen sich zu verlieren, weil nur noch die Gleichaltrigen zählen: Die Adoleszenz. 

  • Beachte dazu das nächste Webinar über «die Adoleszenz». 
  • Klinke dich ein im nächsten VP-Talk und sprich über deine Erfahrungen oder auch speziell über das Thema Gleichaltrigenorientierung im Kindergarten am 15. Mai 2025. 
  • Lass dich beraten, von gratis bis kostenpflichtig.

 

Anstelle eines Podcasts treffen wir uns am nächsten Webinar oder jeden zweiten Donnerstag im VP-Talk. Der nächste VP-Talk findet am 15. Mai 2025 statt.

Refresher 01/2025 "Zu wem blickst du auf?"

Refresher 25-01 "Zu wem blickst du auf?"

Es geht um Orientierung. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass deine Kinder es leichter haben zu dir aufzuschauen, wenn sie sehen, dass du selbst auch zu jemandem aufschaust. Sie werden realisieren, dass Aufschauen nichts Entwertendes hat, sondern einfach der Ausdruck davon ist, dass man seine Möglichkeiten und Grenzen kennt und gerne zu jenen aufschaut, deren Leben einem gelungen vorkommt. Es gibt natürlich auch den Aufblick zu Gott oder, ein bisschen persönlicher, den Aufblick zu Jesus. Von dort erhoffe ich mir nicht nur Orientierung, sondern auch direkte Unterstützung und Kraft. 

In der Bibel gibt es eine Stelle (Phil.2;3), die mich immer wieder fasziniert: Einer achte den anderen höher als sich selbst. Wie schön, wenn wir gegenseitig zueinander aufblicken. Die Idee einer partnerschaftlichen Ehe scheint älter zu sein als der Feminismus.

Zurück zu den Kindern. An ihnen kannst du sehen, dass es ganz verschiedene Motive geben kann, zu jemandem aufzublicken. Es gibt den angstvollen Blick, wo ich mich frage: Genüge ich den Anforderungen? Bin ich in Mamas oder Papas Gunst? Oder es gibt den vertrauensvollen Blick, wo ich frage: Was würde meine Mama dazu denken, was ich gerade tue oder sein lasse? Allein diese Frage kann dazu führen, dass sich ein Kind besinnt, sich neu orientiert, einer Versuchung widersteht. Die Vertrauenspädagogik ist entstanden, weil ich in meinem und im Leben vieler Menschen gesehen habe, dass Kinder - wenn überhaupt - angstvoll aufblicken. Es ist die Angst vor Nachteilen, vor Kritik oder Beschämung, die die Hierarchie zwischen Kindern und Eltern prägen. Ich meine beobachten zu können, dass dieser angstvolle Aufblick in den letzten Jahrzehnten eher zur Ausnahme als zur Regel geworden ist. 

Das Problem stellt sich heute eher anders. Es sind die Eltern selber, die sich irgendwie für unwürdig halten, dass Kinder zu ihnen aufblicken. Sie streben eher eine Freundschaft mit ihren Kindern an, als eine hierarchische Beziehung. Vielfach ist diese Art des Zusammenlebens für alle Beteiligten angenehm. Im Idealfall kann das sogar jahrelang gut gehen. Was Kindern in einer solchen Situation dennoch in der Regel fehlt, ist das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Kinder sind darauf angelegt zu ihren Eltern aufzuschauen, sie zu bewundern und sich von deren Werten und Haltungen prägen zu lassen, um sie dann später zu hinterfragen und - getragen und beschützt durch die Eltern, manchmal auch konfrontiert - Schritte in die Selbstständigkeit zu gehen. Wenn Kinder über die Ressourcen der Familie frei verfügen können, kaum je Widerstand erfahren, sondern nur Verständnis und Wertschätzung, wenn sie für jede Kleinigkeit mit Lob überschüttet werden, führt das oft zu Selbstüberschätzung oder Selbstzweifeln - meist beides im Wechsel. Es könnte auch zu einer Selbstgenügsamkeit führen und somit zur Motivationsbremse. Kinder brauchen die Auseinandersetzung mit dir, sie wollen dich als Person spüren, deine Wünsche und Bedürfnisse und auch deine emotionalen Zustände. Sie sind darauf angelegt, sich dir anzupassen. Kinder, die spüren, dass die Eltern sich einseitig ihnen anpassen, ihre Freizeit um die Kinder herum organisieren, werden deshalb nicht dankbar und glücklich sein, sondern in der Tendenz unerfüllt. Sie wollen nämlich ins Leben der Eltern kommen und haben höchstens ein kurzfristiges Interesse daran, dass die Eltern in ihre Welt kommen. Überlege es dir zum Beispiel gut, ob du mit den Kindern in einen Indoor Spielplatz gehen willst, oder vielmehr eine Wanderung unternimmst, obwohl die spontane Begeisterung sich bei deinen Kindern in Grenzen hält. Du könntest einen Test wagen: Schaue in die Gesichter der Kinder. Schau, ob du Erfüllung siehst oder eher Leere. Leider gibt es dafür kein Messgerät… 

Vielleicht bist du auch ganz anders unterwegs und vermisst es, dass deine Kinder wenig Respekt vor dir haben, dass du immer unangenehm viel Druck machen musst, wenn du Einfluss nehmen willst. Das kann natürlich ganz verschiedene Gründe haben, aber einen habe ich eingangs schon erwähnt: Schaust du selber zu jemandem auf? Vorzugsweise zu deinem Partner und erst noch gegenseitig? Oder hast du tief in dir eine Orientierung gefunden in Gott? Viele Eltern orientieren sich an der Art, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist. Die Vertrauenspädagogik ist der Versuch diese Art praktisch darzustellen. Es hat sich immer wieder gezeigt: Sobald Eltern diesen Weg gehen, kehrt mehr Ruhe ein, insbesondere in den Herzen der Eltern. Es entsteht Sicherheit und Ordnung. Dabei ist weder die reine Lehre entscheidend und auch nicht, ob sich die Eltern im Stil einig sind. Es geht einzig darum, dass sie sich gegenseitig in ihrer Autorität unterstützen. Das kann etwa so tönen: Mama mag es nicht, wenn du im Winter mit dem T-Shirt herumläufst. Mir wäre das zwar egal, aber ich möchte, dass du dich da anpasst. Sie passt sich ja auch dir an, oder?

 

Höre dir den Podcast zum Thema: "Zu wem blickst du auf?" an. 

Podcast mit Stephanie und Sabrina

Hier der Podcast zum anhören

Refresher 05/2024 "Einander ertragen"

Refresher 24-05 "Einander ertragen"

Die Alternative dazu ist oft aufreibend und zerstörerisch. Wir haben oft zwei nachbarliche Hunde für Spaziergänge mitgenommen. Manchmal luden wir die beiden auch in den Kofferraum. Das ging gut. Allerdings: Der Kleine pfiff dann in jammervollem Ton unablässig Die Hundehalter zuhause stellen ihn dann lautstark ab. Ich war auch versucht, erkannte aber: Die Ruhe währt nur kurz. Dann kam mir die Einsicht: Ich will es hinnehmen. Das sagte ich dem Hund und er pfiff weiter. Die Veränderung war nicht im Hund, sondern in mir. Es regte mich nicht mehr auf. Es war zwar nach wie vor unangenehm, aber es gelang mir mit der Zeit, die Pfeiftöne auszublenden. Manchmal hörte er sogar auf damit. Wehe, ich hätte nur aus Kalkül geschwiegen, um ihn so zum Schweigen zu bringen. 

Mit dieser kleinen Geschichte möchte ich ins Thema dieses Refreshers einführen. Worum geht es? Wir leben in einer Welt, wo alles machbar erscheint. Ja, nicht nur machbar, sondern wir sind als Akteure auch in der Pflicht alles richtig zu machen. Davon leben unzählige Therapeuten und auch die Schönheitschirurgie. War es früher eine Tugend,sich an das Unabänderliche anzupassen, gilt es heute - um jeden Preis - die Umstände und vor allem uns selber zu optimieren. Kinder werden früh an einer Norm gemessen und man setzt alles daran, sie zu “berichtigen”. Dieser Refresher soll ein Statement sein gegen die Machbarkeit. Kinder werden, wir müssen sie nicht machen. Aber: Wir müssen auch den Plan loslassen, es zu versuchen. Viele Eltern verzweifeln an diesem Punkt. Vielleicht geht es ja auch dir so: Du beisst dir die Zähne aus an gewissen Verhaltensweisen deiner Familienmitglieder. Ich lade dich ein, dein Ziel zu ändern. Nimm es hin, wie es ist und überlasse es deinem Kind, sich zu verändern. Begleite es darin wohlwollend. Anerkenne Fortschritte. Ich höre schon deinen Aufschrei: Muss ich einfach alles akzeptieren? Nein, aber du musst den Plan aufgeben, dein Kind gegen seinen Willen verändern zu wollen. 

Die Vertrauenspädagogik heisst so, weil wir glauben, dass Kinder nicht durch äussere Anreize zum Besseren bewegt bzw. genötigt werden müssen, sondern dass in unseren Kindern der Wunsch lebt, es den Bezugspersonen recht zu machen. Dort, wo das nicht zu funktionieren scheint, sollten wir nicht an diesem Wunsch zweifeln, sondern darauf vertrauen, dass das Kind selbst daran interessiert ist, das Übel zu überwinden. Wir sollten also die Energie der Kinder nicht gegen uns haben, sondern mit uns. Freilich, im Einzelfall mag es schwierig sein, an diesem Vertrauen festzuhalten. Der entscheidende Punkt ist folgender: Wir sollten nie mehr anstreben als den guten Willen unserer Kinder. Denke an die Join-up Intervention. Sie ist nichts anderes als die Einladung zur Selbsterziehung - für Kinder UND deren Eltern. 

Im Podcast werden wir dazu ein paar Beispiele dazu diskutieren. 

Podcast mit Heinz und Stephanie

Hier der Podcast zum anhören

Refresher 24-03 «Bilderdenker»

Bilderdenker - kennst du den Begriff? Ich selber kenne ihn erst seit ich mich mit dem Phänomen der Legasthenie beschäftigt habe. Es ist ein faszinierendes Gebiet - auch für mich, als sog. Normalo. 

Es gibt nämlich relativ viele Kinder, die lange Zeit - manchmal bis zum neunten Lebensjahr - mit abstrakten Wörtern wenig bis nichts anfangen können. Wörter, die in ihnen kein Bild auslösen, ignorieren sie. Was löst das Wort “neben” in dir aus? Nicht wahr, du siehst vor dem inneren Auge ein Bild, das den Bezug “neben” ausdrückt. Jeder von uns hat seine eigenen Bilder, allen gemeinsam ist die Idee von “neben”. Die Ausbildung solcher Wörter ist für viele Kinder schwierig. Dennoch tauchen sie in Texten auf, die sie lesen oder schreiben sollten. Für andere Kinder ist das ganz einfach und sie verstehen nicht, wie man damit überhaupt ein Problem haben kann. Schwierig ist, dass auch wir Erwachsenen für solche Probleme wenig Verständnis haben. Wenn wir einst davon betroffen waren, wissen wir es in der Regel nicht mehr. Achte einmal bei deinem Kind darauf, was passiert, wenn du ihm zum Beispiel sagst, es dürfe nicht vordrängeln. Vielleicht entsteht in ihm ein Bild eines Kindes, das sich erfolgreich vordrängelt und es nimmt sich vor, deinen Tipp umzusetzen. Die Verneinung geht dabei verloren. Wenn du sauer wirst, dass es genau das tut, was du ihm verboten hast, würden wir dich verstehen. Dennoch könnte es sein, dass du deinem Kind unrecht tust. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. 

Eigentlich würden erzählte Geschichten - ohne Bilder - dazu dienen, Kindern dabei zu helfen, diese unzähligen abstrakten Begriffe zu erlernen. Bildschirme, aber natürlich auch Bilderbücher, “ersparen” den Kindern die Arbeit, innere Bilder zu erzeugen und sie anhand der Fortsetzung der Geschichte zu prüfen und nötigenfalls zu korrigieren.  

Stephanie Reimann spricht an ihrem Webinar über Kinder, die nicht nur Bilderdenker sind, sondern darüber hinaus die Fähigkeit haben, mit ihrem inneren Auge herumzuwandern. Beide Eigenschaften machen einem Kind in der Schule das Leben schwer. Stephanie und ich erklären das im Podcast bzw. auf dem Youtube Video ein bisschen genauer.  Das Webinar findet am 23. Mai 2024 um 20:30 - 22:00 Uhr statt.

Im Podcast bzw. auf dem Youtube Video kannst du Stephanie näher kennenlernen. Es lohnt sich auch deshalb, weil sie in naher Zukunft die Leitung unserer Fachstelle übernehmen wird.

Du kannst dich über unsere Homepage www.vertrauenspaedagogik.ch unter Aktuelles und Veranstaltungen anmelden.

Hast Du am Donnerstag 23. Mai 2024 keine Zeit und möchtest trotzdem dabei sein? Kein Problem. Melde dich ganz normal auf unserer Homepage an und sende dem Sekretariat NACH dem Webinar eine E-Mail, dass Du froh um die Aufnahme wärst.

Ich freue mich

Stephanie

 

 

Podcast mit Heinz und Stephanie oder hier zum Youtube Video


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