Beziehung

  • Refresher 01/2025 "Zu wem blickst du auf?"

    Refresher 25-01 "Zu wem blickst du auf?"

    Es geht um Orientierung. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass deine Kinder es leichter haben zu dir aufzuschauen, wenn sie sehen, dass du selbst auch zu jemandem aufschaust. Sie werden realisieren, dass Aufschauen nichts Entwertendes hat, sondern einfach der Ausdruck davon ist, dass man seine Möglichkeiten und Grenzen kennt und gerne zu jenen aufschaut, deren Leben einem gelungen vorkommt. Es gibt natürlich auch den Aufblick zu Gott oder, ein bisschen persönlicher, den Aufblick zu Jesus. Von dort erhoffe ich mir nicht nur Orientierung, sondern auch direkte Unterstützung und Kraft. 

    In der Bibel gibt es eine Stelle (Phil.2;3), die mich immer wieder fasziniert:Einer achte denanderen höher als sich selbst. Wie schön, wenn wir gegenseitig zueinander aufblicken. Die Idee einer partnerschaftlichen Ehe scheint älter zu sein als der Feminismus.

    Zurück zu den Kindern. An ihnen kannst du sehen, dass es ganz verschiedene Motive geben kann, zu jemandem aufzublicken. Es gibt den angstvollen Blick, wo ich mich frage: Genüge ich den Anforderungen? Bin ich in Mamas oder Papas Gunst? Oder es gibt den vertrauensvollen Blick, wo ich frage: Was würde meine Mama dazu denken, was ich gerade tue oder sein lasse? Allein diese Frage kann dazu führen, dass sich ein Kind besinnt, sich neu orientiert, einer Versuchung widersteht. Die Vertrauenspädagogik ist entstanden, weil ich in meinem und im Leben vieler Menschen gesehen habe, dass Kinder - wenn überhaupt - angstvoll aufblicken. Es ist die Angst vor Nachteilen, vor Kritik oder Beschämung, die die Hierarchie zwischen Kindern und Eltern prägen. Ich meine beobachten zu können, dass dieser angstvolle Aufblick in den letzten Jahrzehnten eher zur Ausnahme als zur Regel geworden ist. 

    Das Problem stellt sich heute eher anders. Es sind die Eltern selber, die sich irgendwie für unwürdig halten, dass Kinder zu ihnen aufblicken. Sie streben eher eine Freundschaft mit ihren Kindern an, als eine hierarchische Beziehung. Vielfach ist diese Art des Zusammenlebens für alle Beteiligten angenehm. Im Idealfall kann das sogar jahrelang gut gehen. Was Kindern in einer solchen Situation dennoch in der Regel fehlt, ist das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Kinder sind darauf angelegt zu ihren Eltern aufzuschauen, sie zu bewundern und sich von deren Werten und Haltungen prägen zu lassen, um sie dann später zu hinterfragen und - getragen und beschützt durch die Eltern, manchmal auch konfrontiert - Schritte in die Selbstständigkeit zu gehen. Wenn Kinder über die Ressourcen der Familie frei verfügen können, kaum je Widerstand erfahren, sondern nur Verständnis und Wertschätzung, wenn sie für jede Kleinigkeit mit Lob überschüttet werden, führt das oft zu Selbstüberschätzung oder Selbstzweifeln - meist beides im Wechsel. Es könnte auch zu einer Selbstgenügsamkeit führen und somit zur Motivationsbremse. Kinder brauchen die Auseinandersetzung mit dir, sie wollen dich als Person spüren, deine Wünsche und Bedürfnisse und auch deine emotionalen Zustände. Sie sind darauf angelegt, sich dir anzupassen. Kinder, die spüren, dass die Eltern sich einseitig ihnen anpassen, ihre Freizeit um die Kinder herum organisieren, werden deshalb nicht dankbar und glücklich sein, sondern in der Tendenz unerfüllt. Sie wollen nämlich ins Leben der Eltern kommen und haben höchstens ein kurzfristiges Interesse daran, dass die Eltern in ihre Welt kommen. Überlege es dir zum Beispiel gut, ob du mit den Kindern in einen Indoor Spielplatz gehen willst, oder vielmehr eine Wanderung unternimmst, obwohl die spontane Begeisterung sich bei deinen Kindern in Grenzen hält. Du könntest einen Test wagen: Schaue in die Gesichter der Kinder. Schau, ob du Erfüllung siehst oder eher Leere. Leider gibt es dafür kein Messgerät… 

    Vielleicht bist du auch ganz anders unterwegs und vermisst es, dass deine Kinder wenig Respekt vor dir haben, dass du immer unangenehm viel Druck machen musst, wenn du Einfluss nehmen willst. Das kann natürlich ganz verschiedene Gründe haben, aber einen habe ich eingangs schon erwähnt: Schaust du selber zu jemandem auf? Vorzugsweise zu deinem Partner und erst noch gegenseitig? Oder hast du tief in dir eine Orientierung gefunden in Gott? Viele Eltern orientieren sich an der Art, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist. Die Vertrauenspädagogik ist der Versuch diese Art praktisch darzustellen. Es hat sich immer wieder gezeigt: Sobald Eltern diesen Weg gehen, kehrt mehr Ruhe ein, insbesondere in den Herzen der Eltern. Es entsteht Sicherheit und Ordnung. Dabei ist weder die reine Lehre entscheidend und auch nicht, ob sich die Eltern im Stil einig sind. Es geht einzig darum, dass sie sich gegenseitig in ihrer Autorität unterstützen. Das kann etwa so tönen: Mama mag es nicht, wenn du im Winter mit dem T-Shirt herumläufst. Mir wäre das zwar egal, aber ich möchte, dass du dich da anpasst. Sie passt sich ja auch dir an, oder?

     

    Höre dir den Podcast zum Thema: "Zu wem blickst du auf?" an. 

    Podcast mit Stephanie und Sabrina

    Hier der Podcast zum anhören

  • Refresher 03/2025 Danke, bitte, gern geschehen

    Refresher 03-25 "Danke, bitte, gern geschehen"

    Grossmutter: “Möchtest du noch ein wenig Salat?”

    Kind (5): “Nein, danke”. 

    Was meinst du zu dieser Reaktion? Wahrscheinlich wurde diesem Kind diese Art der Reaktion mehr oder weniger mühsam beigebracht. Es wird wohl kaum eine echte Kommunikationsabsicht dahinter sein, sich für den Vorschlag zu bedanken und dennoch abzulehnen. Eine Floskel also! Sollen wir unseren Kindern solche Floskeln beibringen? Wollen wir sie nicht vielmehr zur direkten Kommunikation, zu Ehrlichkeit und Offenheit anhalten? 

    Unsere Enkel verhalten sich so und - ich gebe es zu - ich freue mich jedes Mal darüber. Sie sind nämlich sonst sehr direkt in ihren Anliegen und halten sich mit ihrer Meinung nicht zurück. Aber sie sind im Umgang mit Erwachsenen sehr anständig und meist offen und herzlich. Der Jüngste wirkt manchmal fast ein bisschen altklug. Aber er hat gemerkt, dass sich ihm alle Türen der Nachbarschaft öffnen und dass er mit seiner Art überall gut ankommt. Das bewirkt, dass Fremde in ihm laufend seine beste Seite abrufen - glaube mir, es gibt auch die andere. 

    Ich bin überzeugt, dass wir unseren Kindern etwas Gutes tun, wenn wir ihnen einen Benimm-dich-Code beibringen. Das Gegenteil davon tut mir manchmal sehr leid. Solche Kinder erfahren oft Ablehnung, auch wenn sie sich keines Fehlverhaltens bewusst sind. 

    Freilich sind gewisse Umgangsformen fast schon in Vergessenheit geraten. Derselbe Junge, mittlerweile 8 sagte zu mir letzthin: «Nicht wahr, Bipapi, eigentlich hättest du fragen sollen, bevor du die letzte Omelette genommen hast, aber es ist schon okay, ich bin satt und es gibt ja noch ein Dessert.» Ich musste ihm recht geben. 

    Ich denke, es ist die Art, wie wir unseren Kindern solche guten Manieren beibringen, die dafür sorgt, dass sie einigermassen authentisch daherkommen. Vielleicht erinnerst du dich an den Abschnitt «Gute Gewohnheiten» im Buch «Erziehen im Vertrauen» oder auch im Buch «Vertrauen von Anfang an». Hör dir den Podcast an, dort gibt es Beispiele dazu. 

    Was bestimmt zum Scheitern des Planes führt, ist folgendes Vorgehen: Beschäme dein Kind jedes Mal, wenn es sich nicht korrekt benimmt. Fast die gleiche Wirkung erzielst du, wenn du das Kind jedes Mal lobst, wenn es sich höflich benimmt. Lebe gute Umgangsformen vor, erinnere dein Kind immer wieder geduldig und liebevoll, solange es noch jung ist und sich nicht nervt, wenn du es ermahnst, die Spülung im WC zu betätigen oder zu sagen: «Hallo, ich bin Simon, wenn Mama Besuch hat.»

    Ich lade dich ein, im Podcast das Thema zu vertiefen.

    Höre dir den Podcastzum Thema: «Danke, bitte, gern geschehen» an. 

    Podcast mit Stephanie und Sabrina

  • Refresher 24-03 «Bilderdenker»

    Bilderdenker - kennst du den Begriff? Ich selber kenne ihn erst seit ich mich mit dem Phänomen der Legasthenie beschäftigt habe. Es ist ein faszinierendes Gebiet - auch für mich, als sog. Normalo. 

    Es gibt nämlich relativ viele Kinder, die lange Zeit - manchmal bis zum neunten Lebensjahr - mit abstrakten Wörtern wenig bis nichts anfangen können. Wörter, die in ihnen kein Bild auslösen, ignorieren sie. Was löst das Wort “neben” in dir aus? Nicht wahr, du siehst vor dem inneren Auge ein Bild, das den Bezug “neben” ausdrückt. Jeder von uns hat seine eigenen Bilder, allen gemeinsam ist die Idee von “neben”. Die Ausbildung solcher Wörter ist für viele Kinder schwierig. Dennoch tauchen sie in Texten auf, die sie lesen oder schreiben sollten. Für andere Kinder ist das ganz einfach und sie verstehen nicht, wie man damit überhaupt ein Problem haben kann. Schwierig ist, dass auch wir Erwachsenen für solche Probleme wenig Verständnis haben. Wenn wir einst davon betroffen waren, wissen wir es in der Regel nicht mehr. Achte einmal bei deinem Kind darauf, was passiert, wenn du ihm zum Beispiel sagst, es dürfe nicht vordrängeln. Vielleicht entsteht in ihm ein Bild eines Kindes, das sich erfolgreich vordrängelt und es nimmt sich vor, deinen Tipp umzusetzen. Die Verneinung geht dabei verloren. Wenn du sauer wirst, dass es genau das tut, was du ihm verboten hast, würden wir dich verstehen. Dennoch könnte es sein, dass du deinem Kind unrecht tust. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. 

    Eigentlich würden erzählte Geschichten - ohne Bilder - dazu dienen, Kindern dabei zu helfen, diese unzähligen abstrakten Begriffe zu erlernen. Bildschirme, aber natürlich auch Bilderbücher, “ersparen” den Kindern die Arbeit, innere Bilder zu erzeugen und sie anhand der Fortsetzung der Geschichte zu prüfen und nötigenfalls zu korrigieren.  

    Stephanie Reimann spricht an ihrem Webinar über Kinder, die nicht nur Bilderdenker sind, sondern darüber hinaus die Fähigkeit haben, mit ihrem inneren Auge herumzuwandern. Beide Eigenschaften machen einem Kind in der Schule das Leben schwer. Stephanie und ich erklären das im Podcast bzw. auf dem Youtube Video ein bisschen genauer.  Das Webinar findet am 23. Mai 2024 um 20:30 - 22:00 Uhr statt.

    Im Podcast bzw. auf dem Youtube Video kannst du Stephanie näher kennenlernen. Es lohnt sich auch deshalb, weil sie in naher Zukunft die Leitung unserer Fachstelle übernehmen wird.

    Du kannst dich über unsere Homepage www.vertrauenspaedagogik.ch unter Aktuelles und Veranstaltungen anmelden.

    Hast Du am Donnerstag 23. Mai 2024 keine Zeit und möchtest trotzdem dabei sein? Kein Problem. Melde dich ganz normal auf unserer Homepage an und sende dem Sekretariat NACH dem Webinar eine E-Mail, dass Du froh um die Aufnahme wärst.

    Ich freue mich

    Stephanie

     

     

    Podcast mit Heinz und Stephanie oder hier zum Youtube Video


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