Pädagogik

  • Refresher 03/2025 Danke, bitte, gern geschehen

    Refresher 03-25 "Danke, bitte, gern geschehen"

    Grossmutter: “Möchtest du noch ein wenig Salat?”

    Kind (5): “Nein, danke”. 

    Was meinst du zu dieser Reaktion? Wahrscheinlich wurde diesem Kind diese Art der Reaktion mehr oder weniger mühsam beigebracht. Es wird wohl kaum eine echte Kommunikationsabsicht dahinter sein, sich für den Vorschlag zu bedanken und dennoch abzulehnen. Eine Floskel also! Sollen wir unseren Kindern solche Floskeln beibringen? Wollen wir sie nicht vielmehr zur direkten Kommunikation, zu Ehrlichkeit und Offenheit anhalten? 

    Unsere Enkel verhalten sich so und - ich gebe es zu - ich freue mich jedes Mal darüber. Sie sind nämlich sonst sehr direkt in ihren Anliegen und halten sich mit ihrer Meinung nicht zurück. Aber sie sind im Umgang mit Erwachsenen sehr anständig und meist offen und herzlich. Der Jüngste wirkt manchmal fast ein bisschen altklug. Aber er hat gemerkt, dass sich ihm alle Türen der Nachbarschaft öffnen und dass er mit seiner Art überall gut ankommt. Das bewirkt, dass Fremde in ihm laufend seine beste Seite abrufen - glaube mir, es gibt auch die andere. 

    Ich bin überzeugt, dass wir unseren Kindern etwas Gutes tun, wenn wir ihnen einen Benimm-dich-Code beibringen. Das Gegenteil davon tut mir manchmal sehr leid. Solche Kinder erfahren oft Ablehnung, auch wenn sie sich keines Fehlverhaltens bewusst sind. 

    Freilich sind gewisse Umgangsformen fast schon in Vergessenheit geraten. Derselbe Junge, mittlerweile 8 sagte zu mir letzthin: «Nicht wahr, Bipapi, eigentlich hättest du fragen sollen, bevor du die letzte Omelette genommen hast, aber es ist schon okay, ich bin satt und es gibt ja noch ein Dessert.» Ich musste ihm recht geben. 

    Ich denke, es ist die Art, wie wir unseren Kindern solche guten Manieren beibringen, die dafür sorgt, dass sie einigermassen authentisch daherkommen. Vielleicht erinnerst du dich an den Abschnitt «Gute Gewohnheiten» im Buch «Erziehen im Vertrauen» oder auch im Buch «Vertrauen von Anfang an». Hör dir den Podcast an, dort gibt es Beispiele dazu. 

    Was bestimmt zum Scheitern des Planes führt, ist folgendes Vorgehen: Beschäme dein Kind jedes Mal, wenn es sich nicht korrekt benimmt. Fast die gleiche Wirkung erzielst du, wenn du das Kind jedes Mal lobst, wenn es sich höflich benimmt. Lebe gute Umgangsformen vor, erinnere dein Kind immer wieder geduldig und liebevoll, solange es noch jung ist und sich nicht nervt, wenn du es ermahnst, die Spülung im WC zu betätigen oder zu sagen: «Hallo, ich bin Simon, wenn Mama Besuch hat.»

    Ich lade dich ein, im Podcast das Thema zu vertiefen.

    Höre dir den Podcastzum Thema: «Danke, bitte, gern geschehen» an. 

    Podcast mit Stephanie und Sabrina

  • Refresher 05/2024 "Einander ertragen"

    Refresher 24-05 "Einander ertragen"

    Die Alternative dazu ist oft aufreibend und zerstörerisch. Wir haben oft zwei nachbarliche Hunde für Spaziergänge mitgenommen. Manchmal luden wir die beiden auch in den Kofferraum. Das ging gut. Allerdings: Der Kleine pfiff dann in jammervollem Ton unablässig Die Hundehalter zuhause stellen ihn dann lautstark ab. Ich war auch versucht, erkannte aber: Die Ruhe währt nur kurz. Dann kam mir die Einsicht: Ich will es hinnehmen. Das sagte ich dem Hund und er pfiff weiter. Die Veränderung war nicht im Hund, sondern in mir. Es regte mich nicht mehr auf. Es war zwar nach wie vor unangenehm, aber es gelang mir mit der Zeit, die Pfeiftöne auszublenden. Manchmal hörte er sogar auf damit. Wehe, ich hätte nur aus Kalkül geschwiegen, um ihn so zum Schweigen zu bringen. 

    Mit dieser kleinen Geschichte möchte ich ins Thema dieses Refreshers einführen. Worum geht es? Wir leben in einer Welt, wo alles machbar erscheint. Ja, nicht nur machbar, sondern wir sind als Akteure auch in der Pflicht alles richtig zu machen. Davon leben unzählige Therapeuten und auch die Schönheitschirurgie. War es früher eine Tugend,sich an das Unabänderliche anzupassen, gilt es heute - um jeden Preis - die Umstände und vor allem uns selber zu optimieren. Kinder werden früh an einer Norm gemessen und man setzt alles daran, sie zu “berichtigen”. Dieser Refresher soll ein Statement sein gegen die Machbarkeit. Kinder werden, wir müssen sie nicht machen. Aber: Wir müssen auch den Plan loslassen, es zu versuchen. Viele Eltern verzweifeln an diesem Punkt. Vielleicht geht es ja auch dir so: Du beisst dir die Zähne aus an gewissen Verhaltensweisen deiner Familienmitglieder. Ich lade dich ein, dein Ziel zu ändern. Nimm es hin, wie es ist und überlasse es deinem Kind, sich zu verändern. Begleite es darin wohlwollend. Anerkenne Fortschritte. Ich höre schon deinen Aufschrei: Muss ich einfach alles akzeptieren? Nein, aber du musst den Plan aufgeben, dein Kind gegen seinen Willen verändern zu wollen. 

    Die Vertrauenspädagogik heisst so, weil wir glauben, dass Kinder nicht durch äussere Anreize zum Besseren bewegt bzw. genötigt werden müssen, sondern dass in unseren Kindern der Wunsch lebt, es den Bezugspersonen recht zu machen. Dort, wo das nicht zu funktionieren scheint, sollten wir nicht an diesem Wunsch zweifeln, sondern darauf vertrauen, dass das Kind selbst daran interessiert ist, das Übel zu überwinden. Wir sollten also die Energie der Kinder nicht gegen uns haben, sondern mit uns. Freilich, im Einzelfall mag es schwierig sein, an diesem Vertrauen festzuhalten. Der entscheidende Punkt ist folgender: Wir sollten nie mehr anstreben als den guten Willen unserer Kinder. Denke an die Join-up Intervention. Sie ist nichts anderes als die Einladung zur Selbsterziehung - für Kinder UND deren Eltern. 

    Im Podcast werden wir dazu ein paar Beispiele dazu diskutieren. 

    Podcast mit Heinz und Stephanie

    Hier der Podcast zum anhören