Eine KV-Schülerin kurz vor dem Abschluss musste in die folgenden Sätze das richtige Tier einsetzen. Hier ihre Lösung:
«Ihn bringen keine zehn Schafe dazu, sich tätowieren zu lassen. Die Krähen pfeifen es von den Dächern…» und «Mich laust der Hund, jetzt hat auch sie ein Tatoo.»
Falls du selber zu den Leidtragenden gehörst, denen solche Redewendungen nicht mehr geläufig sind, hier die Auflösung: Pferde, Spatzen, Affe.
Wie kommt es, dass auch kluge Kinder diese Wendungen nicht mehr beherrschen? Ich meine es zu ahnen: Eine Sprache erlernt man nicht aus Sprachbüchern, Filmen oder Comics, und man kann solche Wendungen nur sehr kurzfristig (auf die Prüfung hin) auswendig lernen. Eine Sprache erlernt man von Menschen, zu denen man eine Beziehung hat. Moderner Unterricht lässt es immer weniger zu, dass Kinder ihren Lehrkräften beim Erzählen zuhören dürfen. Kinder lernen heute von Videos, von Bildschirmtexten, aus Büchern, aber seltener von Menschen, die ihnen etwas erzählen.
Die Beziehung zu diesen würde es ausmachen, ihre Betonung, ihr Blick, ihre Ausstrahlung. All das verdichtet sich in den Kinderherzen zu einer Sprache. Früher schon vergifteten oft Disziplinkonflikte solche Situationen. Später war es dann die Diffamierung des Frontalunterrichts als «lehrerzentriert».
Deshalb ist es umso wichtiger, dass ihr als Eltern und Grosseltern euren Kindern Geschichten erzählt. Vorlesen ist ja auch schön, aber halt nicht dasselbe. Erzähle doch mal aus deinem Leben. Lass dir Zeit dabei, beschreibe die Szenerie, die Düfte und Geräusche. Nimm dir die literarische Freiheit die Geschichte auszuschmücken, solange sie wahr bleibt. Noch spannender ist es, aus dem Leben deines Kindes zu erzählen. Zeige dazu anstatt die halbe Smartphone-Galerie nur ein einziges Bildchen und dann - erzähle! Lass die Kinder die Augen schliessen und male mit deinen Worten, erkläre und beschreibe. Geniesse es, wenn sie dir an den Lippen hängen, statt am Bein.

Talk über das Monatsthema

 

Livesendung vom 30. Mai 2016