Möchten Sie auch lieber vertrauensvolle und harmonische Beziehungen als solche, die mit Misstrauen versehen sind? Misstrauen muss jedoch nicht per se negativ sein. So wie Tag und Nacht für ihre Gott gegebene Nützlichkeit stehen, hat auch «Misstrauen» seinen Nutzen. Misstrauensgefühle können Ihnen hilfreiche Wegweiser sein. Ein gesundes Mass an Misstrauen half schon das eine oder andere Mal, Schaden zu vermeiden. Wo also ziehen wir die Grenze? Aus dem Blickwinkel der Komplementarität betrachtet, wird Misstrauen nicht mehr als Feind von Vertrauen gesehen, sondern als ein ergänzendes Moment. Misstrauen assoziieren wir mit Argwohn, Befürchtungen, Besorgnis, Disharmonie, Eifersucht, Verdacht, Hintergedanken. All dies hat in guten Beziehungen nichts zu suchen - zumindest nicht über einen längeren Zeitraum. Gute Beziehungen bauen auf Transparenz, Offenheit, Loyalität, Integrität, Respekt und Wohlwollen auf und bilden dadurch eine Vertrautheit in den Beziehungen.
Kommen Gefühle des Misstrauens langanhaltend aus einer persönlichen Mangellage heraus, wirken sie beziehungsschädigend. Entstanden sie jedoch aus einer Wachsam- und Achtsamkeit der momentanen Ereignislage heraus, können sie gute Hinweise für eventuelle Gefahren oder Risiken sein.
Denken sie an Menschen, die zu vertrauensvoll Verträge unterschreiben und nachher in der Gefangenschaft des Kleingeschriebenen stehen. Oder an einen Berufspiloten, der zu vertrauensvoll daran glaubt, dass sein Flugzeug bereits vom Co-Piloten durchgecheckt worden ist.
Gesundes Misstrauen zeigt sich da, wo jemand Vertrauen zu sich und seinen Gefühlen hat. Vertraue ich mir selbst, bin ich in der Lage, Situationen angemessen zu klären, meine und andere Gefühle liebevoll aufzunehmen und deren Signale zu verstehen.
Ähnlich, wie der Wind weht, wo er will, werden auch Misstrauenserlebnisse spontan und situativ auftauchen. Sie sind nicht planbar, aber dafür wahrnehmbar und dadurch auch steuerbar.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen geschärften Blick dafür und einen achtsamen und liebevollen Umgang mit Ihren Misstrauensgefühlen.
Livesendung vom 30. Oktober 2017