Refresher

Stöbern Sie hier im Archiv unserer Infobriefe. Wenn Sie etwas zu einem bestimmten Thema suchen, dann sind die Briefe einerseits in Kategorien geordnet, andererseits können Sie auch unter "Tags" nach Themeninhalten suchen. Viel Spass!

Info 17-11 «Schenken»

Wie weit bist du mit deinen Geschenken? Ist das für dich auch eine gewisse Last? In unserer Familie war es so, und so beschlossen wir gemeinsam, auf das Beschenken der Erwachsenen zu verzichten. Aber eigentlich ist das ja auch schade. Das Problem ist doch einfach, dass man einander früher einen Topf Honig, eine Flasche Wein oder auch ein Kleidungsstück schenken konnte - im Bewusstsein, dass damit viel Freude ausgelöst wurde. Heute sind wir mit all diesen Dingen oft mehr als nur eingedeckt.
Irgendwie bin ich in dieser Sache an die Geschichte mit der zweiten Meile erinnert. Nicht wahr, eigentlich wollen wir ja die Erwartungen unserer Liebsten nicht enttäuschen - namentlich nicht diejenigen der Kinder. Aber so richtiges weihnachtliches Kribbeln kommt ja bei den «bestellten», sprich «gewünschten» Geschenken nicht auf, noch weniger freilich bei Geldspenden oder Beteiligungen. Es sei denn, der Spielraum sei gross genug und der Mut Enttäuschungen auszuhalten auch. Es müssten irgendwie die Elemente der Überraschung und vor allem auch der Freiwilligkeit drin sein, das Engagement beim Aussuchen und das Sich-Einfühlen. Und da sind wir dann bald wieder beim Stress (wenn ich an meine 13 Enkel denke). Meine Frau erhielt jedes Jahr vom Götti ein weiteres Teil des grossen Silberbestecks. Das war wohl auch nicht sehr prickelnd. Aber - hm - das haben wir immer noch und freuen uns daran. Diese Gedanken haben bei Angela Indermaur letztes Jahr einiges ausgelöst. Im Talk erzählt sie uns davon. Sehr inspirierend. 

Talk über das Monatsthema

 

Livesendung vom 27. November 2017

 

 

 

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Info 16-09 "Was der Widerstand mit unseren Kindern macht"

Kein Zweifel, es ist mühsam für dich, wenn dein Kind nicht tut, was es soll, frech ist und immer das letzte Wort hat.
Für dein Kind sind die Folgen wohl noch tiefgreifender. Du kannst nämlich - wenn das Problem andauert -  jene Funktion nicht mehr richtig ausfüllen, die für dein Kind zentral ist: Du kannst ihm nicht mehr Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Die Folge ist, dass dein Kind unruhig ist und ständig auf der Suche nach verlässlichen Beziehungen. Viele Kinder übernehmen selber die dominante Rolle, oft auch im Umgang mit den Gleichaltrigen.
Nur ein Kind aber, das im abhängigen Modus gebunden ist, kann vom Schutz und von der Fürsorglichkeit der Eltern profitieren. Sobald es sich nicht mehr untergeordnet fühlt, steigt die Anspannung und die Unruhe. Das ist letztlich auch bei uns Erwachsenen so. Welcher Arbeitgeber erinnert sich in schlaflosen Nächten nicht dann und wann wehmütig an die Zeit, wo andere sich um die Bilanzen kümmerten.
Dieses Mail übrigens ist ein weiteres mit der gleichen Zielsetzung wie die letzten: Viele Eltern vergessen ob dem vielen Verständnis und der engagierten Einfühlung, wie wichtig es ist, im Alpha zu sein und zu bleiben. Vertrauenspädagogik ist nämlich absolut nicht antiautoritär - im Gegenteil: Autorität ist wichtig. Nur wenn ein Kind im abhängigen Modus gebunden ist, wenn es im Join-up ist, ist Raum da für die Reifung.

Talk über das Monatsthema

Livesendung vom 26. September 2016

Was der Widerstand mit unseren Kindern macht

    • Welche Konsequenzen hat es für ein Kind, wenn es im Widerstand ist?
    • z. B. Widerstand auf der «Egal-Schiene» oder wenn es immer nein sagt. Damit sind nicht Kinder gemeint, die dauernd feindlich gestimmt sind (anderes Thema).
    • Es sind Kinder gemeint, für die es nicht stimmt etwas zu tun was wir als Eltern ihm sagen.

 

  • Wenn wir als Eltern etwas sagen und das löst in meinem Kind tendenziell Ablehnung und Widerstand aus, was hat das für Konsequenzen für mein Kind?

 

  • 1. Konsequenz: Es löst in Eltern üble Gefühle aus. Kind merkt, dass es bei Eltern nicht gut ankommt und das kann sich hochschaukeln. Dann suchen wir als Eltern einen Ersatz für das, was wir Join-up nennen - wir üben Druck aus, schreien etc. und das Kind bekommt das Gefühl, dass sich Eltern nicht mehr über sie freuen können, wenn sie es sehen.
  • 2. Konsequenz: Es ist für das Kind eine Überforderung, an der Spitze der Hierarchie zu stehen. Ein Kind, das sich nicht im abhängigen Modus gebunden fühlt, ist dadurch unter Dauerstress. Viele negative Verhalten kommen aus dieser Situation bzw. Spannung heraus. Häufige Folge ist, dass Kinder schlecht schlafen. Das Kind fühlt sich nicht geborgen, sondern ist nervös und angespannt. Ein Kind kann nicht in den gesunden Schlaf fallen, wenn es nicht im Frieden ist.
  • Darum ist es so wichtig, dass das Kind hierarchisch untergeordnet ist.
  • Wir sprechen heute darüber, wie wir das Kind aus einer falschen Hierarchie herausführen können.
  • Viele Kinder haben den Eindruck: «Ich habe jederzeit ‹Zugriff auf den Bildschirm meiner Mutter›. Meine Mutter ist immer und jederzeit für mich da - und zwar nicht im Sinne eines Schutzes in der Not, sondern sie steht mir jederzeit zur Verfügung, damit sie mich unterhält, mir alle Hindernisse aus dem Weg räumt. Ich kann immer mit ihr sprechen und erhalte die volle Aufmerksamkeit.» Das ist gefährlich.
  • Wenn das Kind sich so verhält, reagieren wir als Eltern nicht mehr so, dass wir sagen: «Lass mich doch schnell in Ruhe. Ich telefoniere oder lese oder …», denn so fühlt sich das Kind weggewiesen, ist frustriert und wird noch mehr Druck ausüben. Denn es ist sich ja gewohnt, immer Vorrang zu haben. Das ist ein Hierarchiesignal. Man nimmt nicht die untergeordnete Position ein, wenn man ständig Aufmerksamkeit einfordern kann. Denn dann ist man sich gewohnt derjenige zu sein, der das Sagen hat. Empfohlen ist folgende Übung: Wenn ein Elternteil im Gespräch oder anderweitig beschäftigt ist und das Kind Aufmerksamkeit will, dann nimmt man das Kind nahe zu sich (so fühlt sich das Kind nicht abgewiesen, macht keine Trennungserfahrung durch), aber man macht weiter mit dem, womit man beschäftigt war (Telefon, lesen etc.). Die eigenen Pläne werden nicht durch das Kind über den Haufen geworfen. Man nimmt das Kind nahe zu sich und sagt: «Warte einen Moment.» Das Kind soll dann warten. Als Eltern weiss man, wie lange ein Kind warten kann, bevor es frustriert reagiert. Aber die Eltern bestimmen, wie lange das Kind warten soll. Das ist ein gutes Hierarchiesignal.
  • Ein wichtiger Punkt ist auch, die Hierarchie unter den Geschwistern zu beachten. Es ist wichtig, dass man nicht das ältere Kind vor dem jüngeren kritisiert.
  • Wenn das Kind die «Egal-Schiene» fährt, kann man darauf achten, wann das Kind etwas von mir will. Wie spricht das Kind mich als Elternteil an? Untergeordnet oder fordernd? Wir dürfen nicht dulden, wenn das Kind in einem falschen Tonfall mit uns redet.

 

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Info 15-09 "Wer hilft wem?"

«Mama, wo sind meine Turnschuhe?», ruft Pascal (9). Die Mutter macht sich sofort auf die Suche und findet schliesslich nicht die Turnschuhe, sondern ihren Pascal, der auf dem Bänklein im Gang sitzt, vertieft in ein Comicheft. Die Mutter wird ihn jetzt bestimmt auffordern, ihr zu helfen und nicht einfach zu warten.


Interessant ist hier die Frage: Muss man das einem Kind wirklich beibringen? Ich bin überzeugt, dass Kinder sich spontan schuldig fühlen, wenn etwas nicht läuft, wie es sollte - solange sie sich für die Sache verantwortlich fühlen. Kinder zeigen es an, wenn sie für einen Bereich Verantwortung übernehmen wollen. Lassen wir es zu? «Selber!» heisst das Zauberwort. Wenn ein Kind ein Glas in die Hand nimmt, dann übernimmt es damit auch die Verantwortung dafür, was mit dem Inhalt geschieht. Was aber tun wir, wenn es den Sirup verschüttet? Nehmen wir an, das dreijährige Kind sei eben dabei, mit der Serviette und den blossen Händen den Sirup auf dem Tisch zu verteilen. Dabei kommen auch andere Gläser in Gefahr.

Vergleiche die folgenden Szenarien:

«Lass das, du machst es ja nur noch schlimmer!», sagt die Mutter, holt den Lappen und putzt den Tisch.

«Pass doch auf, schau mal, was du angerichtet hast. Hol sofort den Lappen!»

«Moment, komm, wir helfen dir beim Aufwischen!» Alle heben ihre Sachen hoch, der Kleine holt den Lappen und beginnt schon mal. Bei heiklen Stellen wird der Lappen gleich von zwei Händen geführt, von einer kleinen unten und einer grossen darüber. Und das Kind wird spüren: «Wenn mir etwas passiert, dann trage ich die Folgen, aber meine Familie hilft mir und lässt mich nicht im Stich.»

Zurück zu den Turnschuhen. Quizfrage: Welche Szene stammt wohl am ehesten aus Pascals Kindheit?
 
Talk über das Monatsthema

 
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Info 14-03 "Die geheime Macht der Sorgen - Teil 1"

Eine der edelsten Eigenschaften von uns Menschen ist die Fürsorglichkeit. Es ist der Impuls, für einen anderen Menschen da zu sein. Für jemanden zu sorgen, ist wohl das Erfüllendste, das es gibt. Es bedeutet nämlich, dass ich meinem Nächsten seine Sorgen abnehme. Wenn ich sie auf meine eigenen Schultern lade, haben sie einen völlig anderen Charakter als meine eigenen Sorgen. Ist das nicht etwas Sonderbares und auch Wunderbares?


“Wie soll ich nur…”, sagt jemand, ganz verzweifelt. “Ich kümmere mich darum, ich sorge dafür, dass… “ sagt jemand zu ihm, vielleicht mit einer liebevollen Berührung. Ein solcher Dialog nimmt dem einen die Sorgen ab. Sich um die Probleme eines andern zu kümmern, löst nicht etwa Kummer aus, sondern setzt Energie frei und fühlt sich gut an - es sei denn, ich habe den Mund zu voll genommen und bin plötzlich selber in sorgenvollen Gedanken gefangen. Dann ist es gut, wenn ich weiss, wohin ich mich wenden kann.
Sorgen lähmen, sie beflügeln nicht. Kinder in Sorge zu versetzen ist deshalb das Letzte, was liebende Eltern tun würden, wenn da nicht eine Lebenssituation wäre, die die Eltern ihrerseits mit lähmenden Sorgen erfüllt.
Mama ist besorgt, weil ihr Kind nicht in den Kindergarten will. Das Kind ist voller Sorge darüber, weil es im Kindergarten wieder…
Wenn die Mutter ihrer Fürsorglichkeit folgt, wird sie sich ganz anders fühlen, als wenn ihre eigenen Sorgen sie leiten. Ihre Fürsorglichkeit wird dann vielleicht so aussehen: “Komm, ich begleite dich. Ich wünsche dir, dass du den Mut hast, trotz aller Schwierigkeiten hinzugehen.” Oder auch: “Gehe du heute einmal zu Oma. Ich spreche dann mit Frau Ammann, was man da machen könnte.”
Wenn sie hingegen von ihren eigenen Sorgen beherrscht wird, werden ihre ersten Gedanken vielleicht diese sein: Wie stehe ich da, wenn…? Alle anderen Kinder gehen ja… Was habe ich falsch gemacht?
Welche Schiene wird sie wählen? Das hat viel mit Vertrauen zu tun. Denkst du auch, dass die Begriffe “Sorgen” und “Vertrauen” für zwei gegensätzliche Lebenskonzepte stehen?  
Übrigens: Ob es um den Kindergarten oder um die Lehr- oder Arbeitsstelle geht, macht letztlich keinen grossen Unterschied.

Talk über das Monatsthema

Livesendung vom 31. März 2014

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Info 13-12 "Soll ich mein Kind strafen? Teil 1"

Gerade in der Weihnachtszeit treffen sich oft Kinder, die sich vielleicht selten sehen, und bleiben erst noch länger wach als üblich. Die neuen Spielsachen machen das Zusammenwirken auch nicht einfacher. Wie schnell kommt es da zum Streit, und wir Erwachsenen kommen unter Druck zu reagieren.
Nachdem Weihnachten jetzt ja vorbei ist, haben wir Zeit darüber nachzudenken, und wie immer geht es darum zu verstehen, statt zu urteilen.
Bei Vorschulkindern gibt es meistens dann Probleme, wenn die Hierarchie nicht klar ist. Das ist bei Gleichaltrigen fast vorprogrammiert. Ob sich ein Kind gut einem älteren unterordnen kann, hängt ganz fest davon ab, wie das ältere Kind seine Rolle wahrnimmt. Wenn es mit dem Widerstand des kleineren rechnet und sich schnell mit Machtmitteln durchzusetzen sucht, wird es eher zu Konflikten kommen. Je klarer das ältere führen kann ohne gegnerisch zu werden, desto eher wird sich das jüngere unterordnen können ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Manchmal geschieht das aus vielerlei Gründen trotzdem nicht und das kleinere setzt sich mit Schlägen durch. Diese kindlichen Verhalten sind in der Regel spontan und nicht die Folge einer kindlichen Überlegung. Die Aussicht auf eine Strafe hat deshalb wenig Einfluss auf die Entscheidungen.
Die wohl einzige “Strafe”, die in solchen Situationen Sinn macht, ist das vorübergehende Trennen der Kinder. Wichtig ist es, auf der Seite des Kindes zu bleiben und ihm zu helfen, das Geschehene richtig einzuordnen. “Bist du so wütend geworden….?” Je nachdem kann man nach kurzer Zeit einen neuen Anlauf nehmen. Kinder sind dann auch schnell dafür zu gewinnen, die Hand zu reichen und zu vergeben. Dann brauchen sie vielleicht ein bisschen Hilfe, damit das Spiel von Fürsorglichkeit und Unterordnung funktioniert. Vielleicht braucht es deine Autorität als Unterstützung: “Du darfst zuschauen, du musst das Büchlein halten. So geht es.”
Wenn keine Erwachsenen da sind, lösen Kinder solche Konflikte oft gut selber, vielleicht deshalb, weil sich das ältere Kind freier fühlt sich durchzusetzen. Wenn wir aber da sind, dann erwarten die Kinder zu Recht, dass wir für Gerechtigkeit sorgen.
Bei älteren Kindern sieht die Sache anders aus. Darüber wollen wir in einem späteren Infobrief nachdenken.

Talk über das Monatsthema

Livesendung vom 30. Dezember 2013

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Info 12-08 "Anlehnung und Fürsorglichkeit - Teil 2"

"Meine Kinder sind fast gleich alt und streiten immer. Was kann ich da tun?” fragte mich jemand als Reaktion auf den Infobrief 12-06.

Fürsorglichkeit ist ein angeborenes Verhalten. Kein Kind muss das lernen. Ausgelöst wird das Verhalten durch die Konfrontation mit einem hilfebedürftigen, verletzlichen Wesen. Das kann ein Kätzchen sein, aber auch ein Wurm auf der Strasse ;-). Löst der fast gleichaltrige Bruder dieses Verhalten aus? Oft nicht, wie wir alle wissen. Ob Fürsorglichkeit und Anlehnung dennoch zum Tragen kommt, hängt auch viel von deiner Führung als Mami oder Papi ab.

Wie erlebt dein Kind deine Führung? Als Machtanspruch oder als Angebot von Fürsorglichkeit und Coaching? Wenn ein Kind ein Führungs- oder auch ein Unterstützungsangebot ablehnt, ist das unter Umständen sehr verletzend. Das kennen wir als Eltern nur zu gut. Wie reagierst du auf solchen Widerstand? Mit "Ok, ich sehe, du hast deine eigenen Pläne..." oder dann mit liebevoller Beharrlichkeit oder eher mit Frustration?

Das ist unter Kindern ähnlich, und es ist wahrscheinlich dass ein grösseres Kind eher frustriert und aggressiv ist als du, weil es noch unreif ist. Sich selber und Kinder in diese Art der freilassenden Fürsorglichkeit zu führen, ist wohl die effizienteste Art Gehässigkeiten (nicht Konflikte) unter Kindern zu vermeiden.

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Info 12-06 "Anlehnung und Fürsorglichkeit - Teil 1"

"Ah, jetzt ist es mir klar, warum das nicht funktioniert!" sagte mir eine junge Frau letzthin nach einem Vortrag. "Ich treffe mich oft mit ein paar Müttern, deren Kinder auch etwa zwei Jahre alt sind. Die Idee wäre, dass wir zusammen ein bisschen plaudern können, während unsere Kinder zusammen spielen. Regelmässig geht das aber daneben, weil wir die ganze Zeit den Streit unserer Kinder schlichten müssen."

Ja, sowas geht selten gut, denn kleine Kinder sind nicht für das Spielen mit Gleichaltrigen gemacht (Wir bekommen ja unsere Kinder wohl deshalb i. d. R. nicht aufs Mal, sondern nacheinander.).

Dafür sind wir designed, nämlich für das Leben in einer gleichwürdigen Hierarchie im Wechsel zwischen dem Anlehungsmodus und der Fürsorglichkeit. Entweder für andere schauen oder selber betreut werden. Das ist auch in guten Ehen so. Niemand hält es aus, immer nur für andere zu sorgen, und niemand hält es aus, nie für andere sorgen zu dürfen.

Ist dir auch schon aufgefallen, wie schön verschiedenaltrige Kinder zusammen spielen können? Wie dein Kind aufblüht, wenn es ein kleineres betreuen kann? Und wie schön es ist, wenn dein Kind sich im Fankreis eines älteren Cousins sonnt?

Man könnte das ja ein bisschen steuern. Leider sind aber Kinder wie Eltern mit der problematischen Sicht unterwegs, dass "Gleich und Gleich sich gern gesellt". Wir suchen deshalb alle nach Gleichaltrigen und müssen es dann aushalten, wenn uns Neid und Konkurrenzdenken das Leben schwer machen.

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Info 11-11 "Wenn Remo (3) seine kleine Schwester schlägt und kneift"

Du erinnerst dich an den letzten Infobrief? Dort ging es darum, dass es in einer Krisensituation wenig Sinn macht, erziehen zu wollen. Dort geht es um Schadensbegrenzung. Aber im Einzelfall ist es oft nicht so einfach. Deshalb hier als Beispiel ein solcher Einzelfall: 

Remo (3) hat eben wieder die kleine Jael (halbjährig) gekniffen und geschlagen. Seine Mama kommt dazu. Normalerweise überfallen sie in einer solchen Situation aggressive Gefühle gegen Remo. Vor allem deshalb, weil es in letzter Zeit häufig vorkommt. Je mehr sie versucht, Einfluss zu nehmen, desto schlimmer wird es. Sie weiss ja, dass Schimpfen nichts nützt und deshalb sagt sie nur: "Remo, das tut Jael weh. Du darfst sie nicht plagen." Aber sie spürt, dass das keine Wirkung hat. Oft wiederholt sich das Ganze schon kurz danach. Was könnte sie denn tun? Was können wir ihr aus Sicht der Vertrauenspädagogik raten?

"Deine negativen Gefühle gegen Remo melden sich immer schon, bevor deine fürsorglichen Gefühle für Jael sich melden. Versuche, zuerst die fürsorglichen Gefühle für Jael zu aktivieren. Geh auf sie zu und sage vielleicht: 'Oh, habt ihr Streit gehabt? Wow, das ist traurig. Tut es dir fest weh?! Komm, Mama und Remo trösten dich... arme Jael.' Du hast recht gelesen. Man kann in einem solchen Fall den Aggressor sofort fürs Trösten gewinnen. Remo wird im Normalfall sofort deine fürsorglichen Gefühle aufnehmen und dich beim Trösten unterstützen. Für ein dreijähriges Kind ist das kein Problem. Er liebt Jael ja auch, aber wenn er sich über sie aus irgend einem Grund ärgert, dann verliert er das aus dem Fokus. Wenn du ihn beschimpfst, ruft das natürlich seine Liebe nicht ins Bewusstsein. Wenn du aber fürsorgliche Gefühle für Jael hast und dir über Remos Aggression zunächst keine Gedanken machst, wird die brüderliche Fürsorglichkeit ganz schnell aktiviert. Wenn dann die Kleine getröstet ist und Remo sich freut, dass ihr zwei so gut zusammengewirkt habt, dann ist der Moment gekommen zu fragen: "Was war denn los, Remo?" Dann kann es sein, dass du etwas erfährst, was ihn bewegt hat, sie zu schlagen. Wahrscheinlich weiss er es selber nicht mehr so genau. Dann lass die Belehrungen und sage höchstens: 'Gell, das ist so traurig, wenn du sie schlägst und kneifst.' Seine Zustimmung ist sehr wahrscheinlich." 

Wenn eine Mama so vorgeht, ist die Chance gross, dass sich die Situation bessert. Mir geht aber noch etwas anderes durch den Kopf. Eigentlich sollte die kleine Jael nur ausnahmsweise ausserhalb von Mamas Blickfeld mit Remo zusammen sein. Ihr bester Platz wäre im Tragetuch auf dem Rücken ihrer Mutter oder einer anderen erwachsenen Person. Dort wäre sie nicht immer im Zentrum der Aufmerksamkeit, wäre beim Arbeiten nicht im Weg und wäre gesättigt durch Nähe und Geborgenheit, die beste Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung. 

Und keine Angst, man kann ein Kind so nicht "verwöhnen". Es gibt nie ein Zuviel an Geborgenheit. Wenn Jael auf dem Rücken ist, dann ist vorne der Blick frei für Remo und für die Hausarbeit, die sie zusammen machen können, bevor dann in der Pause alle - gesättigt durch Nähe - eigene Wege gehen können. 

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Info 11-07 "Erziehung zur Selbständigkeit"

"Mama, kannst du mir bitte bei diesen Aufgaben helfen?" - "Du kannst das selber!", sagt Joana zu ihrer dreizehnjährigen Tochter und lässt sie über ihren Matheaufgaben brüten. Joana wird ihr dann schon helfen, wenn sie es alleine nicht schafft. Alles ok, oder? Nun, etwas hat Joana nicht bedacht. Eigentlich muss man kein Kind zur Selbständigkeit drängen. Kinder wollen alles selber machen, was sie sich zutrauen. Selbstbewusst wird man kaum unter dem Zwang, etwas selber machen zu müssen, obwohl es da Ausnahmen geben mag. Aus vertrauenspädagogischer Sicht geht es darum, die Beziehung zu den Kindern zu vertiefen. Du bist es, an dem sich dein Kind orientieren soll, deine Hilfe soll es suchen, damit es nicht in Versuchung kommt, sich unreif und unsicher von dir zu lösen. Wenn sich unreife Kinder vorzeitig von ihren Eltern lösen (müssen), sind sie in grosser Gefahr, sich an andere Kinder zu binden, die in der gleichen Lage sind. Unreife orientieren sich dann an Unreifen.

Liebe Joana, vielleicht würde deine Tochter ja wirklich ein bisschen schneller lernen, Mathe-Übungen selbständig anzupacken. Vielleicht gibt sie wirklich nicht alles. Dennoch rate ich dir, jede Gelegenheit zu nutzen, deinem Kind zu helfen, wenn es dich darum bittet (ich meine: "bittet"!). Das festigt die Hierarchie zwischen euch. Das gibt dir Gelegenheit, fürsorglich zu sein und im Kind ebendiese Art der Hierarchie zu verankern. Das soll dich ja nicht hindern zu fragen: "Meinst du, du schaffst die nächste Übung alleine?"

Noch eine Anmerkung: Aus meiner Sicht ist das Streben nach Unabhängigkeit und Autonomie kein zentrales Anliegen im Reich Gottes. Es geht eigentlich um Reife, nicht so sehr um Selbständigkeit. Hilfe annehmen, ohne sich dabei schlecht und minderwertig zu fühlen, ist geradezu eine christliche Tugend. (Letztlich besteht ja die Sünde an sich gerade darin, von Gott unabhängig zu sein.) Diese Tugend fördern kannst du nur, wenn du dich verabschiedest von Gedanken des Misstrauens wie diesem: "Mein Kind könnte es schon, es ist nur zu faul zum Selber-Denken." Wie gesagt, es mag da und dort so sein, aber es ist nicht ok, das einem Kind zu unterstellen.

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