Refresher

Stöbern Sie hier im Archiv unserer Infobriefe. Wenn Sie etwas zu einem bestimmten Thema suchen, dann sind die Briefe einerseits in Kategorien geordnet, andererseits können Sie auch unter "Tags" nach Themeninhalten suchen. Viel Spass!

Refresher 19-02 «Mein Kind - ein Aussenseiter?!»

«Alle spielen das - ich bin sonst ein Aussenseiter!» Mit dieser Argumentation bist du vielleicht auch schon konfrontiert gewesen. Vielleicht waren es nicht PC-Spiele, sondern die Marken der Kleider, die die Kinder bewahren sollten, an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. 
Zwei Dinge gehen mir dabei durch den Kopf: 
Es wäre schön, wenn unsere Kinder die innere Kraft hätten, diesem Konformitätsdruck zu begegnen. Wie aber finden sie diese Kraft? Indem wir ihnen das Heldentum als Pflicht auferlegen? «Wir als Christen tun das nicht, bekenne dich zu unseren Werten.» Ich denke, es wäre ehrlicher zu sagen: «Wir als Eltern wollen das nicht. Du darfst dich ruhig auf uns berufen und bekennen, dass du dieses Game auch gerne spielen würdest, wenn du dürftest.» Vielleicht werden unsere Kinder sich viel lieber hinter uns stellen, wenn sie darin frei sind. Wenn sie dadurch in die Lage kämen, anstatt dem Druck der Kollegen und der Eltern auszuweichen, aus Loyalität zu handeln. Manchmal müssen wir Grenzen setzen und nein sagen, aber was Kinder weiterbringt, ist ihre Freiheit, das Gute und Wahre zu wählen.
Und das zweite, vergib mir, wenn ich es immer wieder erwähne: Wir sollten auf die Motive unserer Kinder achten. Sie sind wichtiger als ihre Taten. Glaubst du das auch?

 

Verabschiedung Beat Etter

 

Livesendung vom 25. Februar 2019

Aufgrund technischer Probleme fand die Livesendung nicht statt.

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Info 18-05 «Schreckgespenst Gleichaltrigenorientierung»

«Ich möchte nicht, dass mein Kind in den FC geht, sonst bekommt es noch die Gleichaltrigenorientierung.» Wer den Begriff Gleichaltrigenorientierung nicht schon kennt, könnte bei diesem Satz denken, sie sei ein Virus, den unser Kind aus dem Nichts heraus überfallen könnte, vor allem im FC. Natürlich ist dem nicht so. Weder ist Gleichaltrigenorientierung ein Virus, noch befällt sie unsere Kinder einfach so. Ersteres wissen wir alle, nehme ich an, aber beim Zweiten möchte ich kurz stehen bleiben. Der Satz am Anfang ist ja nicht erfunden, sondern den bekam ich wirklich so zu hören, und des Öfteren habe ich den Eindruck, Eltern haben eine grosse Angst davor, dass ihre Kinder sich an Gleichaltrigen orientieren könnten, gerade eben, wenn sie einen Verein besuchen oder gute Freunde haben. Diesen Eltern möchte ich sagen: Entspannt euch! Gleichaltrigenorientierung passiert nicht einfach und es gibt ein naheliegendes und wirkungsvolles «Mittel», mit dem wir unsere Kinder schützen können! Das Gefährliche an der Gleichaltrigenorientierung ist ja, dass wir als Eltern in unserer Rolle als Hauptbezugspersonen durch Gleichaltrige ersetzt werden, dass also andere Kinder unseren Platz im Herzen des Kindes einnehmen. Dies kann aber nur passieren, wenn das Kind nicht im Join-up oder unerträglicher Trennung ausgesetzt ist. Umgekehrt, eine tiefe Bindung wird nicht einfach ersetzt. Ist mein Kind gut und sicher gebunden, ist es auch in der Lage, Freundschaften zu Gleichaltrigen zu pflegen, ohne dass diese gleich meinen Platz einnehmen. Je tiefer die Bindung, desto mehr Freiheit entsteht auch und desto mehr können Kinder auch über längere Trennungsphasen hinweg innerlich an uns festhalten. Gerade wenn die Kinder sehr lange in der Schule sind oder sie gar ein Camp besuchen, ist es essenziell wichtig, dass sie innerlich mit uns verbunden bleiben. Freundschaften, auch unter Kindern und Teenagern, sind etwas Wertvolles, und es wäre doch schade, wenn wir sie aus Angst vor Gleichaltrigenorientierung nicht unterstützen oder gar verbieten würden…

 

Talk über das Monatsthema

 

Livesendung vom 28. Mai 2018

 

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Info 17-09 "Hilfe Pubertät"

«Gibt es etwas, was ich vorbeugend tun kann, damit meine Kinder gut durch die Pubertät kommen?» - «Ich habe so vieles verpasst! Gibt es noch eine Chance?»
Solche und ähnliche Fragen werden mir oft gestellt, und ähnliche Fragen habe ich mir vor einigen Jahren selber gestellt. Es wäre doch super, wenn es so ein Wundermittel gäbe, ähnlich einem Pflanzendünger, den man verabreichen kann, und dann ist Wachstum garantiert. Nun, so etwas gibt es tatsächlich! Allerdings ist es weder ein Wundermittel, noch kann man es einfach verabreichen. Und doch ist es vergleichbar mit einem guten Dünger…
Wir alle wünschen uns Teenager mit eigener Persönlichkeit, reife junge Leute, und fragen uns, was wir zur Reifung beitragen können.
Reifung ist ganz eng mit Bindung verknüpft. Was unsere Kinder brauchen, ist eine tiefe und feste Bindung an uns, in diesem Kontext kann Reifung stattfinden.
Wenn unsere Kinder klein sind, ist uns das mit der Bindung noch klar. Doch spätestens wenn sie in die Oberstufe kommen, hören wir von vielen Seiten, leider auch von sogenannten Fachleuten, dass wir sie nun loslassen müssten, dass Rebellion normal sei, dass nun Gleichaltrige wichtiger würden als wir Eltern usw.
Dabei sind unsere Kinder gerade während der Pubertät so sehr auf eine Bindung an uns und den Schutz vor Angriffen und Verletzungen von aussen, den diese bietet, angewiesen. Nur in diesem sicheren «Zuhause» kann ihr Herz weich bleiben, und nur ein weiches Herz kann reifen. So eine sichere Bindung kann kein Gleichaltriges bieten, das ist unsere Aufgabe.
Ich weiss noch gut, wie ich als Jugendliche meinen Eltern mein Herz ausgeschüttet habe, ihnen mein Innerstes anvertraut habe. Heute weiss ich, das war Ausdruck einer tiefen Bindung. Und genau diese tiefe und sichere Bindung hat mich geschützt vor vielen Verletzungen von Gleichaltrigen. Ich habe sie durchaus gespürt, aber die giftigen Pfeile konnten nicht in mein Innerstes vordringen. Und das war der Kontext für Reifung!
Die gute Nachricht ist, es ist nie zu spät! Wir können immer in die Bindung investieren!
Halten wir an unseren Teenagern fest, bieten wir ihnen diese Geborgenheit eines sicheren Hafens, auf das sie reifen und auch in stürmischen Zeiten bestehen können!

 

Talk über das Monatsthema

 

 

Livesendung vom 25. September 2017

 

Hilfe Pubertät

Die Pubertät ist eine Zeit des Umbaus: Es finden hormonelle Veränderungen, aber auch Veränderungen in der Gehirnstruktur statt. Der Ausspruch «Kleine Kinder, kleine Sorgen. Grosse Kinder, grosse Sorgen.» zeigt, dass viele Eltern Angst vor der Pubertät ihrer Kinder haben. Sie fragen sich, ob es etwas gibt, was vorbeugend hilft, und tatsächlich gibt es das: Eine tiefe und starke Bindung zum Kind aufzubauen, legt ein wunderbares Fundament und erleichtert die Phase der Pubertät. Eltern sollten auch im Teenageralter an der Bindung festhalten und ihren Jugendlichen einen sicheren Hafen bieten, wo sie bedingungslos geliebt und angenommen sind. Dadurch bleiben die Herzen der Teenager weich und ungepanzert, was Voraussetzung ist, dass Jugendliche zu einer reifen Persönlichkeit werden können.

Der Volksmeinung entspricht etwa folgende Aussage: «Es ist ganz normal, wenn Jugendliche ausbrechen, wenn Gleichaltrige wichtiger werden als die Eltern und wenn Teenager rebellieren. Du musst einfach während der Pubertät durchhalten, am Ende kommt alles automatisch wieder gut.» Diese Aussage stimmt so nicht. Natürlich gibt es in jeder Familie mal Streit, und selbstverständlich hinterfragen Jugendliche alles und wollen irgendwann selbständig und unabhängig von ihren Eltern sein, aber es gibt einen ganz entscheidenden Unterschied:

  • Sind Teenager nicht an ihre Eltern gebunden, übernehmen die Gleichaltrigen deren Aufgabe. Jugendliche rebellieren dann aus purem Gegenwillen gegen die Eltern. Dies führt zu den klassischen «Pubertätskämpfen». Die Teenager sind aus Prinzip gegenteiliger Meinung wie die Erwachsenen, haben aber eigentlich gar keine eigene Meinung.

  • Jugendliche, die sicher und tief gebunden sind, finden hingegen «sich selbst». Sie stellen alles infrage und probieren etwas aus, weil sie ihre eigenen Meinungen, Wünsche und Ziele fürs Leben finden wollen und sollen. Das ist in Ordnung und dafür brauchen sie Freiraum. Je besser die Bindung ist, desto eher kommen die Teenager «in den sicheren Hafen», um zu erzählen, was sie bewegt und beschäftigt.

    Solche Bindungen schützen vor Angriffen von aussen, aber auch vor Versuchungen von innen. Sicher gebundene Jugendliche müssen nicht alles ausprobieren, weil sie auch den Wunsch spüren, es den Eltern recht zu machen.

Auch wenn Jugendliche bereits gleichaltrigenorientiert sind, ist es nie zu spät. Es ist immer möglich, sich neu in eine Beziehung zu investieren und sich neu dem Kind zuzuwenden. Die Veränderung beginnt immer bei mir als Elternteil, in meinem Herzen. Eine Join-up-Intervention kann ein Anfangspunkt sein. Jugendliche bzw. Menschen generell können sich immer noch weiter entwickeln, sogar im hohen Erwachsenenalter.

 

Fragen und Inputs

Nora: Tochter (13) ist gut gebunden und als einzige nicht im Klassenchat. Deswegen wird sie ausgegrenzt. Würden die Eltern erkennen, wenn diese Belastung zu viel für die Tochter würde?

  • Das ist eine mutige Entscheidung. Um der Gleichaltrigenorientierung vorzubeugen, ist es empfehlenswert, Kinder so spät wie möglich mit Handys, Klassenchats, Internet usw. in Berührung kommen zu lassen. Sie brauchen eine gewisse Reife, um damit umgehen zu können. Kinder geraten dadurch zwar oft ins Abseits und spüren die Ausgrenzung, sind aber durch die Bindung an die Eltern davor geschützt.
  • Wenn die Tochter eine gute Bindung an die Eltern hat, wird sie den Entscheid vermutlich mittragen, und die Eltern würden ganz sicher spüren, wenn die Ausgrenzung für das Kind unerträglich wird.
  • Schwierig wird es, wenn die Bindung nicht so stark ist bzw. wenn das Thema die Beziehung sehr belastet, z. B. weil das Kind bereits gleichaltrigenorientiert ist oder weil das Kind die Entscheidung der Eltern als «feindlich» empfindet. Dann gilt es abzuwägen. In so einer Situation wäre auch denkbar, zusammen mit der Tochter den gesunden Umgang mit dem Klassenchat zu regeln und ihr zu helfen, richtig damit umzugehen: «Ich verstehe, dass das für dich schwierig ist. Ich werde dir helfen...» Zum Beispiel könnte die Jugendliche das Handy um 20:00 oder 21:00 Uhr abgeben. Wichtig ist, dass die Tochter spürt: Meine Eltern sind auf meiner Seite.
  • Beide Wege sind nicht einfach, und es gibt keine allgemein richtige Lösung. Wir können unsere Kinder nicht immer vor allem beschützen. Das Wichtigste ist, die Bindung nicht aufs Spiel zu setzen.

 Joana: Bis jetzt wurde immer gesagt, gute Freunde seien sehr wichtig, weil sich Teenager von ihren Eltern abwenden. Der Sohn ist eher ein Einzelgänger und die Mutter versuchte bis anhin eher, Freundschaften «zu organisieren». Nach dem Infobrief und der Sendung ist sie verunsichert, was jetzt richtig ist.

  • Gegen gute Freunde spricht grundsätzlich nichts. Es ist schön, gute Freunde zu haben. Es ist nur dann etwas gegen Freundschaften einzuwenden, wenn die Freunde die Stelle der Eltern einnehmen. Die Aufgabe der Eltern ist es, ihr Kind bedingungslos anzunehmen und ihm Geborgenheit zu vermitteln, damit es sich gut entwickeln und zu einer reifen und eigenständigen Person werden kann. Gleichaltrige können diese Aufgabe (noch) nicht bzw. nicht über längere Zeit wahrnehmen. Gleichaltrige verletzen sich zwangsläufig immer wieder. Deshalb ist es so wichtig, dass wir als reife Erwachsene die Hauptbezugspersonen unserer Kinder sind.
  • In der Bibel gibt es eine Bibelstelle von blinden Blindenführern. Es ist nicht gut, wenn Blinde Blinde oder eben Unreife Unreife führen. Dies führt unweigerlich zu Verletzungen. Damit Jugendliche das aushalten, müssen sie sich panzern. Genau das passiert bei der Gleichaltrigenorientierung, wenn eine gleichaltrige Person zur wichtigsten Bezugsperson wird. Die Meinung der anderen Jugendlichen wird dann wichtiger als die der Eltern oder der anderen erwachsenen Bezugspersonen. Jugendliche brauchen einerseits Freiheiten, andererseits aber auch ein Zuhause, wo sie sich selbst sein dürfen.
  • Ein Wort zum Thema Lager und Camps: Es spricht grunsätzlich nichts dagegen, Kinder in Lager zu schicken. Die zwei Fragen, die man sich dabei stellen muss: «Ist mein Kind in der Lage, während seiner Abwesenheit an mir festzuhalten und die Trennung während einer Woche zu überbrücken? Gibt es im Lager erwachsene Bezugspersonen, welche wie bei einem Staffellauf den Stab von den Eltern übernehmen, so dass das Kind nicht gezwungen wird, sich an Gleichaltrige zu binden?» Wenn diese beiden Voraussetzungen gegeben sind, kann ein Camp eine sehr wertvolle Erfahrung sein.

Maja: Schon im Infobrief wurde von den Bindungsstufen gesprochen. Worum geht’s da?

  • Vieles, was wir in der Vertrauenspädagogik bewegen, findet seine Parallelen bei Dr. Gordon Neufeld. Er ist ein kanadischer Entwicklungspsychologe und hat sechs Bindungsstufen definiert. Im Idealfall bindet sich ein Kind bis zum Ende seines sechsten Lebensjahres über diese Bindungsstufen an die Eltern. Es kann aber auch viel länger dauern. Je tiefer diese Bindung wird, desto verletzlicher wird sie auch.
  • Wer mehr darüber erfahren möchte, findet weitere Informationen dazu in den Büchern
    - «Unsere Kinder brauchen uns!» von Dr. Gordon Neufeld
    - «Der Neufeld-Ansatz für unsere Kinder» von Dagmar Neubronner
    - «Vertrauen - von Anfang an» von Maria Lüscher und Heinz Etter
    - «Lernen und reifen im Vertrauen» von Heinz Etter

 Nicole: Unser ältester Sohn (16) ist der Gleichaltrigenorientierung erlegen. Er stellt unsere Familienwerte infrage und wertet seine kleineren Brüder verbal ab. Wie kann ich der Gleichaltrigenorientierung entgegenwirken?

  • Eltern müssen der Gleichaltrigenorientierung nicht entgegenwirken, und es ist auch keine Krankheit. Eltern sollten sich darauf konzentrieren, in die Bindung zum Jugendlichen zu investieren und seine Bindungsbedürfnisse zu befriedigen. Wenn Teenager gleichaltrigenorientiert sind, ist es schwierig und braucht Geduld, sie wieder an sich zu binden, aber es ist möglich. Das Ziel wäre, dem Jugendlichen Nähe zu geben. Hilfreich kann es sein, Gemeinsamkeiten zu betonen, an die man anknüpfen kann: z. B. die Vorliebe für einen Fussballverein. Manchmal braucht es einen Einstieg: eine für den Teenie gekochte Mahlzeit oder ein kleines Geschenk, damit der Jugendliche wieder in die Beziehung einsteigen und aufblühen kann.
  • Wichtig ist es auch, auf die Hierarchie zu achten. Eltern sollten in der versorgenden, übergeordneten Rolle zu bleiben und nicht in die hierarchisch untergeordnete Position zu rutschen. Unterordnung bzw. eine Verkehrung der Bedürfnislage würde den Jugendlichen verunsichern. Gute Situationen, um diese versorgende Führungsrolle zu übernehmen, sind diejenigen, wo der Jugendliche die Hilfe der Eltern, z. B. einen Transportdienst, Hilfe bei einer Reparatur oder einem Projekt, braucht.
  • Es kann auch hilfreich sein, Beratung in Anspruch zu nehmen.

Dora: Unser Sohn hat eine leichte autistische Störung. Für ihn sind Freunde kein Thema - er ist lieber alleine oder mit uns Eltern zusammen. Wir haben daher keine Probleme mit der Gleichaltrigenorientierung. Was ihm fehlt, ist die wechselnde Hierarchie. Entweder lehnt er an uns an oder er führt seine Geschwister. Die wechselnde Hierarchie zwischen Gleichaltrigen kann er aber nicht üben.

  • Jede Beziehung ist hierarchisch. Es ist wunderbar, wenn der Junge sich an die Eltern anlehnen und die kleinen Geschwistern führen kann. Kindern mit autistischen Störungen fallen diese «Beziehungstänze» schwer. Was bei uns intiutiv läuft, muss ein autistisches Kind lernen. (Anmerkung Heinz Etter: Selten lässt man ihnen genug Zeit und Raum für die Reifung, dass auch sie die Beziehungsaufnahme von innen heraus leisten könnten.)
  • Kinder mit autistischen Störungen sind oft in einem Gebiet, z. B. in Mathematik, sehr stark. Dadurch kommt der Jugendliche automatisch in die Rolle, wo er z. B. den Eltern etwas erklären kann. Das wäre dann eine wechselnde Hierarchie.
  • Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen.

 

 

 

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Info 16-10 "Kinder brauchen andere Kinder"

Wann tun Kinder einander gut? Wann nicht? Wie kann ich das erkennen?
Diese Frage hat uns gestern an einem Privatseminar intensiv beschäftigt. Wer von euch hat nicht mit Freude «Die Kinder von Bullerbü» gelesen, geschaut oder gehört? Wie schön, wenn Kinder so zusammen im Spiel aufgehen können. Oder etwa nicht?
Dein Kind kann in einer solchen Gruppe gut aufgehoben sein, solange es nicht in einen Loyalitätskonflikt zu dir und anderen wichtigen Bezugspersonen gerät - anders gesagt, solange das innerliche Band zu dir als Mama oder Papa ihm auch im Zusammensein mit seinen Freunden Halt gibt. Schön ist es, wenn du die Freunde deines Kindes kennst, wenn du deshalb weisst, wie in der Gruppe Hierarchien entstehen und wie sie erhalten werden. Wenn dein Kind dort Machtkämpfe erlebt oder gar das Faustrecht gilt, ist das so lange nicht weiter tragisch, als es mit dir darüber sprechen kann. Auch das gehört zum Spiel des Lebens.
Handlungsbedarf besteht dann, wenn du merkst, dass dein Kind nicht mehr erzählen mag, was läuft, oder wenn du spürst, dass es zu dir eher auf Distanz geht, weil die Mitglieder der Gruppe wichtiger geworden sind.
Handlungsbedarf besteht auch dann, wenn du spürst, dass dein Kind in der Gruppe so viel Beziehungsstress hat, dass es sich verhärtet, um sich zu schützen.
Beobachte solche Entwicklungen sorgfältig und reagiere frühzeitig. Sei dir bewusst, dass dein Einfluss nur so lange besteht, als sich dein Kind vor allem an dir orientiert. Wenn du den richtigen Zeitpunkt verpasst, dann bleibt oft nur ein hässlicher Machtkampf.

Talk über das Monatsthema

Livesendung vom 31. Oktober 2016

Diverse Themen

  • Bei Zwillingen gibt es auch eine Hierarchie. Als Eltern sollte man die Hierarchie nicht bekämpfen, sondern gestalten.
  • Wenn ein Kind fordert und du als Elternteil machst das plötzlich nicht mehr, dann kann das ein heilsamer Schock sein. Wenn ein Kind sich überordnet und fordert, dann sollte man etwas ändern.

Kinder brauchen andere Kinder

  • Wenn ein Kind sich plötzlich an anderen Kindern orientiert statt an den Eltern, kann das ein Reifestolperstein werden.
  • Dass Kinder mehr auf Gleichaltrige hören als auf die Eltern, wird oft bagatellisiert: Das sei halt normal, vor allem bei Teenagern.
  • Kinder brauchen keine 23 gleichaltrigen Freunde. Freunde braucht man einen oder zwei, Kontakte braucht man mehr. Zu Kontakten hat man eine gewisse Distanz. Freunde lässt man näher ans Herz kommen. Kinder brauchen andere Kinder. Sie brauchen nicht viele, aber sie brauchen andere.
  • Woran merke ich frühzeitig, ob der Umgang, den mein Kind mit Freunden oder Gruppen pflegt, gefährlich oder hilfreich ist? Wie merke ich, ob ich den Einfluss auf mein Kind verliere? Woran merken wir frühzeitig, dass der Kontakt zu Gleichaltrigen hilfreich ist oder eben nicht?
  • Telefonanruf von Mutter: Ihr Kind hat kein Interesse an anderen gleichaltrigen Kindern. Ist das ein Problem? Ja, es ist ein Problem. Es gibt immer wieder Kinder, die sich zu Erwachsenen hingezogen fühlen, einfach weil Erwachsene einfacher zu handeln sind - sie sind nett, anständig und auch die Hierarchie ist klar. Bei Gleichaltrigen ist es viel aufreibender. Gleichaltrige ermöglichen ein Wechselspiel der Hierarchie. Es ist wichtig, dass das Kind das erleben kann. Eine Interaktion, die ein Kind lernen sollte - auf Augenhöhe mit dem Gegenüber umgehen können. Wenn es Möglichkeiten gäbe, eine Freundschaft mit einem Gleichaltrigem aufbauen zu können, wäre das gut.
  • Chat-Frage: Regeln und Sitten gehen vergessen, wenn Besuch im Haus ist. Sind die Besucherkinder hierarchisch übergeordnet? Kinder stehen vielleicht nicht hinter den internen Regeln, sind dann nicht im Join-up. 
  • Chat-Frage: achtjähriger Sohn will, dass die Mutter ihn in die Schule begleitet, aber er möchte dann nicht geherzt werden vor den anderen. Ist sein Selbstwert noch nicht so gut? Ja, das könnte sein. Wichtig ist, das Kind nicht dem Spott auszusetzen.
  • Schüchternheit ist etwas Gutes. Wenn Erwachsene falsch damit umgehen, ist das schwierig. Zum Beispiel dem Lehrer Mut machen, zu warten und dem Kind keinen Druck zu machen. Wie ist mein Kind im vertrauten Rahmen? Dort sollte es keine solche Schüchternheit haben, ansonsten müsste man dem Problem nachgehen.
  • Telefonanruf: dreijähriges Kind reagiert stark negativ auf Baby-Geschwister. In diesem Alter ist das Kind gerne in der Fürsorgerrolle und würde gerne Mutter helfen. Wenn die Mutter das Kind einbeziehen könnte, wäre das sehr gut für das dreijährige Kind und es könnte besser mit dem neuen Geschwisterchen umgehen. Das würde seinem Selbstwert guttut. Über das Baby zum Kind reden: «Du musst nicht weinen, dein grosses Geschwister macht das super.» Auf der Seite des grösseren Kindes bleiben.

 

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Info 11-12 "Was unterscheidet denn VP von 'normaler' Erziehung?"

Wüsstest du so schnell, was der Unterschied ist? Nun, so will ich hier ein paar Dinge auflisten, die dir vielleicht helfen:

  • VP geht davon aus, dass Kinder jenen (meistens) gehorchen, mit denen sie im Join-up sind. Wenn man Kinder mit Belohnungen und Bestrafungen, Beschimpfungen und Demütigungen zum Gehorsam zwingen will, vertreibt man sie aus dem Join-up. Viele Kinder fügen sich diesem Druck, solange sie klein sind (oder auch nicht), aber es entwickelt sich nicht jene Beziehung, die sie als junge Menschen so dringend brauchen. "Mein Freund will unbedingt mit mir schlafen." Mit wem wird eine 17-jährige darüber reden? Welch eine Gnade, wenn es die Eltern sind und nicht ihre "Freundinnen".
  • Weil die Kinder oft nicht im Join-up sind mit den Lehrkräften, orientieren sie sich an den Gleichaltrigen. Sie übernehmen deren Werte, deren Haltungen und auch deren Sprache. Viele Kinder fürchten sich mehr davor, in der Schule ausgegrenzt zu werden, als vor einem Konflikt mit dem Lehrer oder den Eltern.
  • Eltern, die loyal sind mit ihren Kindern und mit der Loyalität der Kinder rechnen und diese nicht durch Misstrauen, Druck und Beschämungen untergraben, helfen ihren Kindern, dass sie sich vor lauter Anpassung an die Gleichaltrigen nicht selber verlieren, sondern an ihren Werten festhalten können und bereit sind, für ihre Haltungen einzustehen, auch wenn sie dafür Opfer bringen müssen. 
  • Eltern, die VP umsetzen wollen, schimpfen nicht in pädagogischer Absicht, sondern höchstens, um allenfalls ihrem Ärger Luft zu machen. Sie wissen, dass Beschimpfungen Menschen nicht zur Einsicht und Umkehr führen, sondern zur Verteidigung und Rechtfertigung. Verhaltensänderungen sind meist sehr kurzlebig.
  • Sie beschränken sich in der Krise auf Schadensbegrenzung und nehmen dann Einfluss, wenn Friedenszeit ist, wenn die Herzen wieder offen sind.
  • Sie fühlen sich nicht verpflichtet, immer eine Lösung für ein Problem zu haben und allzeit alles im Griff zu haben. Wer liebt, muss bereit sein, auf Kontrolle zu verzichten. Das gilt nicht nur mit Kindern, sondern unter Menschen ganz allgemein.
  • Sie führen klar und mutig und sagen ihren Kindern, was sie denken, aber sie wissen, dass sie den Gehorsam letztlich nicht erzwingen können. Gott verzichtet auch darauf. Er hat deshalb Seinen Sohn auf die Welt gesandt und uns angeboten, mit IHM ins Join-up zu kommen. ER hat dafür die Voraussetzungen geschaffen, nicht wir.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine gesegnete Weihnachtszeit, dass ihr Zeit und Musse findet, eure Familienbande wieder enger zu knüpfen, aber auch jene an unsern geliebten Herrn. Im Join-up mit IHM können wir die Angst loslassen, unsere Kinder könnten uns entgleiten...

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Info 11-07 "Erziehung zur Selbständigkeit"

"Mama, kannst du mir bitte bei diesen Aufgaben helfen?" - "Du kannst das selber!", sagt Joana zu ihrer dreizehnjährigen Tochter und lässt sie über ihren Matheaufgaben brüten. Joana wird ihr dann schon helfen, wenn sie es alleine nicht schafft. Alles ok, oder? Nun, etwas hat Joana nicht bedacht. Eigentlich muss man kein Kind zur Selbständigkeit drängen. Kinder wollen alles selber machen, was sie sich zutrauen. Selbstbewusst wird man kaum unter dem Zwang, etwas selber machen zu müssen, obwohl es da Ausnahmen geben mag. Aus vertrauenspädagogischer Sicht geht es darum, die Beziehung zu den Kindern zu vertiefen. Du bist es, an dem sich dein Kind orientieren soll, deine Hilfe soll es suchen, damit es nicht in Versuchung kommt, sich unreif und unsicher von dir zu lösen. Wenn sich unreife Kinder vorzeitig von ihren Eltern lösen (müssen), sind sie in grosser Gefahr, sich an andere Kinder zu binden, die in der gleichen Lage sind. Unreife orientieren sich dann an Unreifen.

Liebe Joana, vielleicht würde deine Tochter ja wirklich ein bisschen schneller lernen, Mathe-Übungen selbständig anzupacken. Vielleicht gibt sie wirklich nicht alles. Dennoch rate ich dir, jede Gelegenheit zu nutzen, deinem Kind zu helfen, wenn es dich darum bittet (ich meine: "bittet"!). Das festigt die Hierarchie zwischen euch. Das gibt dir Gelegenheit, fürsorglich zu sein und im Kind ebendiese Art der Hierarchie zu verankern. Das soll dich ja nicht hindern zu fragen: "Meinst du, du schaffst die nächste Übung alleine?"

Noch eine Anmerkung: Aus meiner Sicht ist das Streben nach Unabhängigkeit und Autonomie kein zentrales Anliegen im Reich Gottes. Es geht eigentlich um Reife, nicht so sehr um Selbständigkeit. Hilfe annehmen, ohne sich dabei schlecht und minderwertig zu fühlen, ist geradezu eine christliche Tugend. (Letztlich besteht ja die Sünde an sich gerade darin, von Gott unabhängig zu sein.) Diese Tugend fördern kannst du nur, wenn du dich verabschiedest von Gedanken des Misstrauens wie diesem: "Mein Kind könnte es schon, es ist nur zu faul zum Selber-Denken." Wie gesagt, es mag da und dort so sein, aber es ist nicht ok, das einem Kind zu unterstellen.

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