Zunge raus strecken - unsicherheit einer fast 5 jährigen

Hallo zusammen

Meine fast 5 Jährige R. bringt mich gerade etwas an meine Grenzen.
Sie gehört zu den sehr sensiblen Kinder. Sie ist scheu, fühlt sich sehr schnell ausgelacht und mag es nicht wenn sie angesprochen wird oder manchmal sogar nur angeschaut wird.
In Moment geht es wieder so weit dass sie Leuten welche sie anschauen die Zunge raus streckt. Zum Teil sind das fremde Leute die sie anlächeln, zum Teil aber auch Freunde von uns die sie anschauen um Hallo zu sagen.
Mir ist absolut klar dass dies ein Zeichen der Unsicherheit ist und trotzdem will ich es einfach nicht akzeptieren dass sie so dermaßen unfreundlich ist.
Ich habe es schon versucht mir vor besprechen der Situation: ihr sagen dass sie sich hinter mir verstecken darf aber ich nicht möchte dass sie andere Menschen anfaucht oder die Zunge raus streckt. Ich habe auch versucht ihr zu erklären dass es verletzend sein kann für die Anderen wenn sie so unfreundlich ist.
Ab und zu wenn sie jemandem die Zunge raus streckt wird sie natürlich von dieser Person auch zurecht gewiesen. In diesem Fall fängt sie ganz furchtbar an zu weinen und zu schreien (sie findet es sehr schlimm zurecht gewiesen zu werden).

Wie kann ich R. noch helfen?

Lieber Gruss
Berni

Hallo Berni
Was du mit deiner Tochter erlebst, nennt sich "Bindungsabkehr". Es ist die instinktive Rekation eines sehr verletzlichen Kindes auf Menschen, an die es nicht gebunden ist. Es hält sich diese Menschen mit sehr unfreundlichem Verhalten "vom Leib".
Da dies ein instinktiver Vorgang ist, ist es nicht etwas, was sie solange sie so klein ist willentlich steuern kann. Je reifer sie wird, desto besser kann sie ihr Verhalten dann willentlich kontrollieren. Nur reifen sehr verletzliche Kinder oft emotional etwas langsamer als andere. Daher musst du ihr noch etwas Zeit lassen.

Dass sie sich hinter dir verstecken kann und du es mit ihr besprichst, ist schon mal einfach super. Deine Tochter hat so glück, eine Mama wie Dich zu haben...!

Zusätzlich würde ich sie einfach schützen vor Fremden, sie von Anfang an nah bei dir behalten, und mit der eigenen Körperhaltung vor das Kind treten. Und wenn es geht, sollten Situationen, wo sie kritisiert wird, vermieden werden. Schütze sie vor all solchen Dingen so gut es geht.

Der Rest wird die Zeit und deine Liebe und die Bindung und eure Gespräche ganz von selbst erledigen!

Liebe Grüsse
Maria

Vielen Dank liebe Maria für deine Erklärung! Ich bin froh dass ich nun weiss was es mit dem Verhalten auf sich hat.

lieber Gruss
Berni

Liebe Maria!
Können das auch schon 2-Jährige haben, dieses Verhalten der Bindungsabkehr? Und wie erkenne ich, ob ich ein sehr verletzliches Kind habe?
Meine Tochter, bald zwei, ist an mich sehr stark gebunden und gegenüber Fremden und selbst gegenüber vertrauten Personen oft abweisend.

Liebe Maria, liebe Bettina,

dieser Frage schliesse ich mich an.

Wie seht Ihr das, wenn Dreijährige einige aussenstehende Menschen fröhlich begrüssen und bei anderen die Hände verstecken? Geht das ins gleiche Thema?

Danke
Marion

Hallo HannahMama
Bei zweijährigen ist es sogar durchaus noch normal. Das sagt nicht zwingend etwas über die Verletzlichkeit aus.

Das Thema "Verletzliche Kinder" ist ein etwas grosses, um es hier in ein paar Sätzen zu beschreiben. Sie neigen einfach dazu, sich schnell verletzt zu fühlen und dadurch abwehrend zu reagieren oder sich zu panzern. Bei manchem Kind reicht ein Blickkontakt. Man muss als Fremde mit enorm viel Feingefühl auf solche Kinder zugehen und ihre persönliche Grenze gut wahren, nie weiter gehen, als sie das gestatten.
Auch die Beziehung zwischen Eltern und sehr verletzlichen Kindern ist für die Eltern sehr herausfordernd, weil Bindungsabkehr auch ihnen gegenüber oft passieren kann.