Hausarrest

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9 Jahre 11 Monate her #4201 von Luema
Frage
Hallo ihr lieben :-)
Das tönt jetzt hart, oder?
Ich habe über meinen 5,5jährigen Sohn gestern Hausarrest verhängt. Mit wundervollen Folgen.

Das soll jetzt kein Statement dafür werden, dass Hausarrest eine vertrauenspädagogische Strafensform darstellen würde. Das würde so nicht stimmen. Man kann sowieso nicht sagen, dass diese oder jene Vorgehensweise vertrauenspädagogisch sei. Etwas kann in einer Familie auf diese Art und Weise sinnvoll sein, und bei der anderen genau das Gegenteil bewirken. In unserem Fall war es, und das hatte ich im Vorfeld schon geahnt, genau das was es brauchte.

Mein Sohn M5, bald 6, ist ein ziemlich freier Vogel in unserem sehr ländlichen Wohnort. Wir haben hier ja eine sehr schöne Wohnsituation, wie ich HIER ausführlicher beschreibe.
Mein Sohn ist sich somit sehr gewöhnt, mal zu Hause zu sein und 5 Minuten später in der Wohnung einer Freundin und 10 Minuten später wieder draussen oder auf einen Kurzbesuch an meinem Arbeitsort... etc...
Nun hat das aber etwas schwierige Ausmasse angenommen. Er ging auch weiter fort und war ohne Abmeldung einfach plötzlich weg, ausserhalb unserer Siedlung. Ich konnte dann nur ahnen wo er etwa sei und ihn suchen. Dann war er einfach bei einem Freund daheim, ohne Absprache.
Natürlich erklärte ich ihm zuerst, dass das nicht gehe, versuchte in ihm eine gewisse Fürsorglichkeit für meine Sorgen zu wecken, besprach eins ums andere Mal wenn es wieder geschah, wie unsere Regeln aussehen (zu Freunden in der Siedlung kurz bescheid geben, bei Freunden ausserhalb der Siedlung fragen, das möchte ich telefonisch mit der Mutter des Kindes besprechen).

Vorgestern war es wieder soweit. Er war weg, obwohl ich vorher ausdrücklich gesagt hatte, dass er heute nirgends hin kann, weil wir gleich noch weg wollen als Familie. Wir mussten ihn suchen.
Meine Konsequenz war: Wenn du das einfach nicht schaffst, dich an diese Regeln zu halten, musst du daheim bleiben. Ich kann dich nicht rauslassen, wenn ich mich nicht darauf verlassen kann, dass ich dich wieder finde.
So gab es einen Tag Hausarrest, und das war der Tag gestern. Wunderschönes Wetter, alle Freunde draussen, nur er drin, und das war hart. Ich weiss, dass diese Strafe als Strafe gesehen fragwürdig ist, und mein Sohn kommt erst langsam ins Alter, wo er überhaupt aus Strafen lernen kann.

Mir war jedoch klar, dass er sich in letzter Zeit immer weiter von mir entfernt hatte, und eigentlich ganz ganz dringend etwas nötig hätte: Mich. Vermutlich hatte es auch darum in letzter Zeit so schlecht geklappt mit dem Einhalten dieser Regel. Die Kooperation war definitiv eingeschränkt.

Neufeld sagt immer: Die Natur nimmt nichts weg, sondern sie fügt hinzu.
ich habe also meinem Sohn zwar seine Freunde weggenommen, die Freiheit und die Natur. Aber ich habe mich selbst hinzugefügt. Ich nahm ihn mit auf Schritt und Tritt. Es war ihm auch mal langweilig, und er hat sich arg beschwert. Ich habe ihn nicht unterhalten, aber bei mir behalten. Ich habe ihn zum Arbeiten mitgenommen, zum Haushalten, etc. Das einzige was er tun konnte, war mit mir zu plaudern.

Die Folgen zeigten sich abends. Ein Junge, der total zufrieden und ausgeglichen war wie schon lange nicht mehr. Eine tiefe innere Nähe. Und eine Aussage, die davon zeugte, dass es angekommen war, was ich vermitteln wollte: "Mama, du bist so lieb mit mir. So lieb, dass ich fast weinen muss."

Ob er nun wirklich nie mehr zu Freunden geht ohne zu fragen, das weiss ich nicht sicher. Er ist noch etwas unreif im Hinblick darauf, aus Strafen zu lernen. Aber was ich weiss, ist, dass er wieder hat, was er braucht: Die Bindung an mich.

Liebe Grüsse
Maria

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9 Jahre 11 Monate her #4202 von Bäretatze
Antwort
Spannend, Maria! Danke für den Bericht!
Was mich noch interessieren würde: Du schreibst er habe sich schon auch beschwert über die Strafe. Wie reagierst du dann?
Ich finde das nämlich oft noch schwierig, wenn ich eine Strafe ohne die Kooperation des Kindes verhänge. (was ja wirklich selten vorkommt, aber gestern hatten wir grad so eine Situation) Wenn ich dann mitfühlend reagiere, kommt das bei meinen Kindern geheuchelt rüber. Sie sagen dann, wenn es dir leid tut, dass es jetzt so ist, kannst du es ja einfach ändern. Du kannst ja einfach sagen, dass ich raus kann, o.ä.
Bei einem späteren Gespräch in Ruhe kommt dann die Einsicht. Aber im Moment selber finde ich es schwierig. Dann auf der Seite des Kindes zu bleiben ist fast unmöglich, habe ich das Gefühl.
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9 Jahre 11 Monate her #4203 von Luema
Antwort
Hallo Bäretatze
Tja das sollte ich vielleicht noch sagen: Er war durchaus einsichtig. Das habe ich auch vorher sichergestellt, denn sonst ist eh klar, dass er nichts aus der Strafe lernen kann, selbst wenn er die Reife hätte.

Wenn er sich beschwert hat, habe ich reagiert mit: "Ich weiss sehr wohl, wie schwer das für dich ist."
Ist noch schwer in Worte zu fassen. Nicht mit: Ach du armer... sondern eher so im Sinne von: "Ja, diese Situation müssen wir nun gemeinsam durchstehen. Leider geht es nicht anders. Es ist viel zu wichtig, dass das nicht mehr passiert."

Ich muss dazu sagen, dass die Strafe auch für mich nicht einfach war. Ich wusste im Vornherein, worauf ich mich einlasse.. Dass ich Jammern, Schimpfen und Weinen ertragen muss, und dass ich nicht sehr viel arbeiten kann in der Zeit. (es war dann aber wirklcih gar nicht so schlimm, ich denke, er hat sich ziemlich bald adaptiert...) Es war für mich also durchaus auch ein Opfer. Aber es war mir einfach zu wichtig nebst der Bindungsvertiefung, ihm aufzuzeigen, dass ich ihn so nicht mehr rauslassen kann. Und zwar nicht immer nur SAGEN, sondern auch zeigen. Thematisiert hatten wir es vorher ja schon oft genug.

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9 Jahre 11 Monate her #4206 von Bäretatze
Antwort
Ah ok, das hilft zum Verständnis!
Unsere Situation war da etwas anders, und ich weiss jetzt noch nicht, wie ich es anders hätte machen können... Vielleicht hast du mir eine Idee?
Unser Sohn L11 kann grundsätzlich mit dem PC umgehen, ist aber oft sehr ungeduldig wenns nicht grad geht... (von wem er das wohl hat... ;) ) Er wollte am Montag Abend noch etwas nachschauen für einen Vortrag in der Schule. Es eilte zwar überhaupt nicht, trotzdem erlaubte ich ihm, das noch zu machen, bis 20 Uhr. Ich übte noch mit der Kleineren Flöte, und liess ihn im Zimmer nebendran selber machen. Er kam da bereits zweimal und störte mich mitten im Flötenstück, weil etwas nicht ging, das liess sich dann aber einfach lösen,(die Steckleiste war ausgeschaltet, also hatte der PC keinen Strom) trotzdem war ich schon leicht genervt und er auch. Ein paar Minuten später flippte er dann völlig aus und beschimpfte den PC. Als ich rüber ging hatte er ihn bereits zum Absturz gebracht, weil er einfach nicht warten konnte, bis er vollständig "da" ist und der Internet-Browser sich öffnet. Nun das hätten wir ja händeln können.
Schwierig wurde es, weil er dann forderte, dass er das am Tablet nachschauen will, wenn schon der blöde PC nicht recht tut. Das lehnte ich ab, erstens war es schon gleich 20 Uhr, und zweitens finde ich, man kann nicht aus lauter Ungeduld einen PC fast kaputt machen, und dann einfach das nächste Gerät nehmen. Das geht aus meiner Sicht einfach nicht. Er war zwar einsichtig, dass sein Umgang mit dem PC falsch war, aber er konnte es absolut nicht verstehen, warum er jetzt nicht ans Tablet darf. Die ganze Ladung Frust bekam ich dann an den Kopf geworfen. Und auch noch später, als er wieder etwas abgekühlt war, sagte er dass er das einfach gemein fand, dass ich ihm das Tablet verboten habe.
Ich erklärte ihm nochmals warum ich das so sehe und liess es dann so stehen.
Inzwischen läuft der PC wieder, und die Information hat er nun auch. Trotzdem frage ich mich, was hätte ich anders machen können? (Ausser ihn ans Tablet zu lassen natürlich)
Anhang:
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9 Jahre 11 Monate her #4207 von Luema
Antwort
Liebe Bäretatze
Ich finde nicht, dass du viel anders hättest machen können. Nur weil es in der Familie halt "crasht", war nicht deine ENtscheidung falsch.

Hier hilft mir eben genau diese Haltung. NIcht: Ach du armer! Sondern:
Ich weiss dass dich das ärgert und ich kann deinen Ärger nachvollziehen. Dennoch bleibe ich bei meinem Standpunkt.
Das reicht. Dass dann die Emotionen auch mal hochgehen, finde ich natürlich - und ein Zeichen von Führung, das als Elternteil auch auszuhalten.

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9 Jahre 11 Monate her #4208 von Bäretatze
Antwort
Liebe Luema,

Ja mit "ach du armer..." muss ich meinem 11 jährigen Sohn eh nicht mehr kommen. Das ist sowas von uncool! ;)
Da tönt es dann schon eher so, wie du das beschreibst.
Danke für das Feedback! Ich bin schon eher der Typ, der gerne alles harmonisch hat, und wenn es dann crasht, suche ich den Fehler bei mir.

Grüessli!

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