Misslungene Führung - oder Grenzen sprengen?

Wir haben eine Tochter 6.5- jährig und einen Sohn 5-jährig. Meine Frau und ich versuchen unsere Kinder seit ihrer Geburt nach VP-Prinzipien zu führen. Seit einigen Wochen geraten meine Tochter und ich (der Papa) immer wieder aneinander. Hier eine konkrete Situation:
Nach dem Essen kommt unsere Tochter wieder zum Tisch zurück und hat noch einen schmutzigen Mund. Daraufhin bitte ich Sie, nochmals etwas nachzubessern. Sie sieht neben sich eine Filzdecke zum Spielen liegen und nimmt sich dieser kurzerhand, um sich den Mund abzuwischen. Ich sehe das und sage ihr «Stopp hör damit auf!» doch sie schaut mich an, lächelt und nimmt sich das Tuch wieder und wischt sich nochmals den Mund ab. Solche Situationen kommen mehrmals pro Woche vor. Ich rege mich dann jeweils auf und spüre Wut, ein Ohnmachtsgefühl oder ich hinterfrage uns, was wir in der Erziehung falsch gemacht haben. Warum ist sie bloss im Gegenwillen? Wir haben im Allgemeinen eine gute Beziehung. Außer dass ich vielleicht ab und zu etwas ungeduldig bin wenn sie z.B. beim Anziehen langsam vorwärts macht.
Was sind eure Erfahrungen, was könnte uns hier helfen?

Lieber Glory7,

seit Geburt nach VP-Prinzipien? Beneidenswert, eure glücklichen Kinder...

Gegenwille - ausgelöst durch den Druck von deiner Seite - könnte sicher im Spiel sein, aber das Verhalten könnte auch andere Gründe haben. Mir fallen spontan die Kooperation durch Kompensation (ich hatte mal so ein "unerklärliches" Problem) oder konkurrierende Bindungen (Gleichaltrigenorientierung) ein.

Hilfreich wäre sicher ein Gespräch, um den Gründen auf die Spur zu kommen - z. B. innerhalb der VP-Gruppe, mit der VP-Hotline (z. B. heute Nachmittag) oder...

Liebe Grüsse
Doro

Lieber Glory7,

Als Eltern hinterfragen wir uns immer so schnell... Wenn unsere Kinder nicht so funkionieren wie wir es gerne hätten, dann fragen wir uns gleich, was wir falsch gemacht haben... Ich kenne das!
Eine andere Möglichkeit damit umzugehen wäre hinzuschauen, was denn gerade beim Kind abgeht. Du sprichst von Gegenwille, und das ist gut möglich. Es könnte aber auch sein, dass für dein Kind gerade die Versuchung zu gross war, sie die Gefühle nicht mischen konnte.
In so einem Moment dürfen wir als Eltern auch die Verantwortung übernehmen, indem wir dem Kind die Decke (in deinem Fall) aus der Hand nehmen und mit ihm zusammen den Mund abwischen.
Ich selber löse solche Situationen manchmal auch mit Humor.

Dass wir als Eltern in solchen Momenten selber Wut verspüren ist verständlich und normal. (Bestimmt kennst du den Frustrationskreisel) Wahrscheinlich hat genau diese Wut dich dazu bewegt, dich hier zu melden und nachzufragen, und das ist doch eine gute Sache.

lieber glory7,

kennst du das auch? dass dein aussen nicht mit deinem innen übereinstimmt? zum beispiel bist du äusserlich gefasst, obwohl du innerlich dein kind auf den mond schiessen könntest? oder du verstehst den frust deines kindes kopfmässig, aber dein herz verurteilt seinen wutausbruch? meine kinder reagieren sofort auf solche ungereimtheiten. meist provozieren sie mich so lange, bis aussen und innen wieder übereinstimmen .

liebe grüsse
sara

Sara, was für ein brillianter Input, ich musste schmunzeln:-)