Entwicklung des Gewissens

Hallo ihr Lieben,

vor Kurzem schrotteten unsere beiden Jungs eine Türe der Duschkabine. Die beiden Kinder fühlten sich schuldig, das merkte ich, aber leider wurde die Reue nicht in die Richtung sichtbar, dass sie einerseits Hilfe bei uns suchten und andererseits etwas zu einer Wiedergutmachung unternommen hätten. Wenigstens diente uns die ganze Geschichte am Ende als Gleichnis fürs Evangelium: Wo die beiden in unserem Badezimmer nichts mehr in Ordnung bringen konnten, übernahmen wir Eltern die Verantwortung. Genauso wie Jesus für unsere Sünde gestorben ist, die wir selbst nie mehr wiedergutmachen könnten.

Machten Kinder früher einen Fehler, wurden sie oft beschimpft und gedemütigt. Dies hatte viele negative Folgen:

- Handeln aus Motiven des Mangels (Angst) statt aus Motiven der Liebe (z. B. des Mitgefühls)
- ein verbietendes Gewissen in Situationen, wo eigentlich keine Sünde vorlag
- das konstante Gefühl, nicht okay zu sein
- usw.

Wir VP-Eltern führen unsere Kinder deshalb anklagefrei. Mich würde nun sehr (!) interessieren, wie sich das Gewissen von Kindern entwickelt, die nicht angeklagt werden. Könnt ihr dazu einige Beispiele erzählen?

Spannenderweise kommt das Wort "Gewissen" im Alten Testament überhaupt nicht vor. Im Neuen Testament bedeutet das Wort suneidēsis eigentlich Mitwissen und deckt sich damit haargenau mit der Geschichte aus dem Paradies, wo Gott - nachdem Adam und Eva gesündigt hatten - sagte: "Siehe der Mensch ist geworden wie einer von uns, zu erkennen Gutes und Böses" (1. Mose 3,22). Folglich wäre es logisch, wenn sich das Gewissen vor allem bildet, indem die Kinder mit unseren Reaktionen und Einstellungen kooperieren, oder?

Was mich auch interessieren würde: Könnt Ihr unterscheiden, wo sich das natürliche Gewissen meldet und wo dasjenige, das am Wort Gottes geschärft wird? Wechseln eure Kids im Laufe der Zeit von einem Sündenbewusstsein zu einem Gnadenbewusstsein?

Ich hoffe, das ist euch nicht zu theoretisch?!

Liebe Grüsse
Zoar

...auf alle fälle entwickelt es sich (fast) ohne angst.

Nur eines unserer kinder wurde von klein auf vp erzogen. Auffallend ist beim jüngsten - er ist jetzt sieben - dass er sein innerstes angstfrei preisgeben, seine motive offenbaren kann. Er ist schneller einsichtig und verhärtet sich weniger. Wenn er etwas anstellt, "beichtet" er sofort, wo seine geschwister eher versuchen, die sache zu vertuschen. Ausnahmen bestätigen die regel... Wenn ihm etwas leid tut, tut es ihm der sache wegen leid und nicht wegen der konsequenzen.

Auf der anderen seite fällt auf, dass er in gewissen situationen weniger "gebremst" wird. Die triebfeder "angst vor ablehnung" fällt weg. Zum beispiel lässt er seiner wut oft ungefiltert freien lauf, während seine geschwister sehr gehemmt sind - vermutlich, weil sie früher sofort "abgestellt" wurden, wenn sie schrieen oder ihre negativen gefühle zeigten. Im gewissen situationen scheint er weniger beherrscht, aber ich merke, dass es nicht "weniger" ist, sondern nur "anders", "ungeschminkter". In einem streit kann er zum beispiel mit festem vorsatz auf ein spielzeug verzichten, nicht, weil ich es möchte, sondern weil er es möchte. Ein anderes mal kann er aber auch mit einem ebenso festen willen NICHT darauf verzichten.

Mir fällt auf, dass unser jüngster sich im vergleich zu seinen geschwistern selbst nicht so wichtig nehmen muss. Er muss es nicht zeigen, was er etwas kann und wer er ist. Er ist einfach. Er muss nicht auf einer sache bestehen, wenn er recht hat. Eine fünf darf gerade sein. Irgendwie scheint ihm sein ansehen weniger wichtig zu sein.

Was von diesen unterschieden auf den charakter und was auf die erziehung zurückzuführen ist, kann ich natürlich nicht sagen...?!