Zu kurz kommen?

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6 Jahre 11 Monate her #6060 von Idieh
Frage
Hallo
Ich erlebe momentan mit meiner Tochter R (4) oft schwierige Situationen, in denen ich nicht recht weiss, wie ich reagieren soll. Oft läuft es dann darauf hinaus dass ich ihr entweder ihren Willen lasse, oder dass ein Machtkampf entsteht. Sie reagiert teilweise mit "Teubelianfällen" darauf, so dass ich mir von meiner Tischrunde Kommentare wie " jetzt fängt das am Morgen schon wieder an"/" mein Vater hätte mir eine geknallt und dann wäre wieder Ruhe gewesen" anhören muss. Mehr als diese Kommentare stört mich aber, dass ungute Miteinander. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass ich mit VP einen Weg finden kann, es besser zu machen.
Das Beispiel einer Situation die jedoch ohne "Teubelianfall" endete:
Ich begann mit der kleineren Tochter V (2) für den Zmittag Kartoffeln zu schälen. R spielt noch im Garten draussen. Sie kam danach herein und wollte auch Kartoffeln schälen. Ich sagte ihr, dass bereits genug Kartoffeln geschält sind und macht ihr den Vorschlag, andere Zutaten vorzubereiten. Daraufhin nahm sie V ihre Kartoffel und den Schäler weg, worauf diese natürlich zu weinen begann. Ich nahm wiederum R die Sachen weg um sie V zurückzugeben. Daraufhin weinte R ebenfalls, " sie dürfe nie etwas helfen". Ein bisschen später holte sie sich aus dem Schrank eine eigene Kartoffel und einen zweiten Schäler und begann zu schälen. Dabei kamen sie und V sich ständig in die Quere, was immer wieder weinen, meist von V zur Folge hatte. Inzwischen raffelte ich Rübli in den Salat. R sah das als ich ebenfalls fast fertig war, liess ihre Kartoffel liegen und wollte unbedingt Rübli schälen. Wieder weinen "ich darf nie was helfen".
Wie kann ich in solchen Situationen besser reagieren? Untergrabe ich R's Autorität wenn ich mich einmische? Lasse ich V im Stich wenn ich mich nicht einmische? Muss ich R vor jedem Arbeitsschritt den ich in der Küche mache fragen ob sie da mithelfen will?
Ich habe immer wieder den Eindruck, R kommt irgendwie zu kurz. Sie macht öfters Äusserungen wie " ich darf nie was helfen" /"du lässt mich alleine" (wenn ich z.B. vor ihr die Treppe raufgehe) und nimmt V sehr oft weg, womit sie sich beschäftigt. Ich habe schon versucht R möglichst oft "einzuladen" bei dem was ich mache mitzukommen. Aber irgendwie funktioniert es nicht richtig.
Gibt es ein Rezept oder so wie ich mit den Teubelianfällen umgehen kann? Diese können gut und gerne eine halbe Stunde dauern. Wenn es die Situation zulässt gehe ich mit ihr ins Zimmer, bis sie sich beruhigt hat. Aber wenn ich mit den Kindern alleine bin will auch V mitkommen, was R dann überhaupt nicht will. Und ich kann doch V nicht eine halbe Stunde vor dem Zimmer warten lassen. Oder sollte ich das?
Ihr seht ich habe ganz viele Fragen. Und ein Problem ist vermutlich, dass ich selber oft unsicher bin, wie ich reagieren soll. Ich wäre also froh um Ideen, wie ich R besser "abholen" kann. Vielen Dank schon im Voraus.
Idieh

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6 Jahre 11 Monate her #6061 von Bäretatze
Antwort
Liebe Idieh,

Kinder in diesem Alter brauchen starke Eltern, die führen und genau wissen was sie wollen, bzw. was für das Kind gut ist. Du hinterfragst dich sehr viel, und so wie du es beschreibst entesteht für mich der Eindruck, dass du deiner Tochter deine Unsicherheit zeigst. Das verunsichert ein Kleinkind extrem!
Wenn R in die Küche kommt, und merkt dass sie nun nicht diese Arbeit tun kann, die sie sich vorgestellt hat, ist das frustrierend. Kennst du den Frustrations-Kreisel von Gordon Neufeld? Er wurde hier im Forum auch schon mehrfach erklärt.
Es ist nun nicht deine Aufgabe, deinem Kind die erste Ausfahrt zu ermöglichen, also die Umstände zu ändern, damit es für das Kind passt. Vielmehr führe sie von "Sauer zu Trauer", sie darf spüren, dass das jetzt nicht geht, und darüber trauern, weinen. So kann ein Kind zur Ruhe kommen und wird bereit um einen Weg zu finden. Klappt dieser Ausweg nicht, schwappt die Frustration in Aggression über, und wir haben den "Täubelianfall". Auch hier ist der Königsweg jener, dass das Kind seine Tränen findet und trauern kann, über das was nicht funktioniert hat.
Insofern ist es sicher gut, wenn du in einer solchen Situation bei deinem Kind bleiben kannst. Wenn dies nun aber nicht geht, dann ist es so. Entscheide mutig, was möglich ist. Hier müssen auch wir als Mütter manchmal adaptiv sein, uns sagen " Ja eigentlich möchte ich jetzt bei dem einen Kind bleiben, aber das geht nun nicht. Das ist schade, macht mich traurig. Aber das Kind wird es auch so schaffen". Und du wirst bestimmt Wege finden, wie du das Kind nicht einfach alleine lassen, und dich trotzdem auch um das andere Kind kümmern kannst. Vielleicht sagst du, ich gehe jetzt zu V. und komme in wenigen Minuten wieder schauen, oder so.

Um R.s Tank zu füllen hilft es sicher, "die 2. Meile" zu gehen. Ihr also mehr an Bindung, Nähe,Wertschätzung, usw. zu geben, als sie einfordert, und es vorallem zu geben, BEVOR sie es einfordert. Das kann im ersten Moment recht aufwendig tönen, ist es aber in der Regel gar nicht.

Liebe Grüsse,
Bäretatze

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6 Jahre 11 Monate her #6063 von Idieh
Antwort
Hallo Bäretatze
Danke für deine Antwort. Habe ich richtig verstanden, dass es im Grunde genommen weniger darum geht, wie ich reagiere, als dass ich sicher reagiere? Also wenn ich R den Kartoffelschäler wieder wegnehme um ihn V zurückzugeben soll ich mir nicht auch noch Gedanken um die Geschwisterhierarchie machen, sondern es einfach mit Überzeugung so machen weil ich es richtig finde. Mit der Konsequenz, dass ich dann auch zwischen den Beiden "Puffer" bin, damit R danach nicht auf V losgeht und ohne Angst, vor einem Teubelianfall?
Du hast den Frustkreisel erwähnt. Wo finde ich mehr zum nachlesen darüber? Ich habe am Kurs bei Heinz Etter davon gehört, habe ihn aber nicht mehr präsent.
Du hast auch von Sauer zu Trauer gesprochen. Kannst du mir Hinweise geben, wie ich das umsetzen kann? Dass ein Kind zu Tränen gebracht werden soll, habe ich in den Infobriefen und im Forum schon sehr oft gelesen. Aber ich habe noch nicht kapiert, was ich da genau machen muss, dass es gelingt. Ich habe den Eindruck, dass bei uns eher der Wechsel von Sauer zu Aggression gelebt wird.
Liebe Grüsse, Idieh

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6 Jahre 11 Monate her #6068 von Bäretatze
Antwort
Liebe Idieh,
So kann man das ausdrücken, ja!
Mit anderen Worten auch, es geht nicht mal so sehr darum, was du jetzt genau machst, sondern wie du es machst.
Hier habe ich den Frustrationskreisel recht ausführlich beschrieben:
www.vertrauenspaedagogik.ch/index.php/fo...grad-nix-hoeren-will

Und wenn du in der "Suche" links "Frustration" eingibst, kommen bestimmt auch noch ältere Infobriefe von Heinz zum Thema.

Wie du dein Kind von Sauer zu Trauer führen kannst, dazu gibt es leider keine "Schritt für Schritt - Anleitung", das wäre noch praktisch, gell ;) Das ist auch bei jedem Kind ein wenig anders. Hier ein paar Punkte die helfen können:
- Versuche in erster Linie das frustrierte Kind zu sehen, und nicht das Kind das "blöd tut". Was du siehst bestimmt was du tust.
- Sprich in mitfühlender Sprache das Kind auf die Frustration an: "Oh, gell, du hättest das jetzt auch gern gemacht, ich verstehe dich..."
- Brauche Wörter wie "traurig", usw. So kannst du den Gefühlen Namen geben, dem Kind helfen sich auszudrücken.
- Begrüsse innerlich die Tränen
- Zeig dem Kind auch mal, wie das bei dir ist. Du musst (sollst) dabei nicht in Tränen ausbrechen. Aber bei Dingen, die nicht mit dem Kind zu tun haben, kannst du gut mal was sagen wie "oh mann, jetzt ist der Kuchen nicht so schön geworden, so traurig, jenu, wir werden ihn trotzdem geniessen.." Wichtig ist, dass das Kind sieht, dass du wieder weitergehst, nicht, dass es dich trösten muss!!!

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