Eifersucht

Hallo
bei meiner Frage geht es um Eifersucht zwischen Gleichaltrigen.
Meine Tochter (9) geht mit 2 Mädchen in die gleiche Klasse. Eines davon ist ihr Beste Freundin und war mit ihr auch schon im Kindergarten zusammen. Es gibt viel Streit zwischen den 3 Mädchen und besonders bei meiner Tochter fällt mir auf, dass sie sehr eifersüchtig ist, wenn z. B. ihre Freundin mit dem anderen Mädchen zu Schule lauft oder in der Pause mit jemand anderen zusammen ist. Meine Tochter hat auch immer das Gefühl, dass die beiden anderen Mädchen wenn sie zusammen sind über sie schlecht reden.
Wie kann ich meiner Tochter helfen?
Besten Dank für eure Antwort

Liebe Bila,

hast du schon im Infobrief zum Thema "Neid und Eifersucht" gestöbert?

Im Gegensatz zum Neid, bei dem wir etwas besitzen möchten, was einem anderen gehört, würde ich Eifersucht eher als eine Verlustangst definieren. Wir haben Angst, etwas zu verlieren, was wir - vermeintlich oder wirklich - "besitzen", z. B. die Zuneigung, Anerkennung oder Aufmerksamkeit eines anderen Menschen, aber auch eine bestimmte Stellung oder einen Vorteil.

Das Gespräch suchen…

Hast du das Thema Eifersucht schon mal ganz grundsätzlich mit deiner Tochter besprochen? Du könntest Erlebnisse aus deinem eigenen Leben erzählen. Es gibt aber auch Kinderbücher, die das Thema behandeln. In den Maike-Büchern von Bärbel Löffel-Schröder kommen solche Geschichten zum Beispiel immer wieder vor.

Wie in anderen Situationen, würde ich auch hier das Gespräch nicht in der akuten Situation suchen und an all die hilfreichen Grundsätze "Verstehen statt verurteilen!", "Nur, was wir annehmen, können wir formen!" usw. denken…

Wenn deine Tochter formulieren könnte, was genau sie zu verlieren fürchtet bzw. wo ihr Mangel liegt, gibt es vielleicht eine Möglichkeit, dieses Loch anderweitig zu "stopfen". Ich glaube, schon das Feststellen und Benennen ihrer Befürchtungen wäre entlastend, und das bittere Gefühl von Eifersucht würde an Macht verlieren - wie bei allen Dingen, die ans Licht kommen. Unseren Kindern erzähle ich oft die Geschichten aus meinem Leben, wo ich krampfhaft an etwas festgehalten habe, es aber erst gewonnen habe, nachdem ich ganz loslassen konnte. (Ich wurde zum Beispiel immer erst dann schwanger, wenn ich den Wunsch loslassen konnte.) Es hat auch mit Gottvertrauen zu tun: Gott will uns nichts nehmen, was wir wirklich brauchen.

Ist deinem Kind bewusst, dass man durch die eigene Eifersucht gerade die Menschen vertreibt, die man eigentlich gerne "für sich alleine" hätte?

Vielleicht hängt Eifersucht auch mit einem falschen "Gerechtigkeitsgefühl" bzw. mit einer gewissen Anspruchshaltung zusammen. Wenn ich das Gefühl habe, ein Recht auf diese Freundschaft und die Zuneigung meiner Freundin zu haben, empfinde ich auch meine Eifersucht als gerechtfertigt. Zuneigung und Liebe gehören aber zu jenen Dingen, auf die wir kein Recht haben und die wir nicht einfordern können.

Last but not least: Sind wir eifersüchtig, schaden wir uns selbst. Den Vers aus Sprüche 14,30 finde ich sehr eindrücklich: "Eifersucht ist Eiter in den Gebeinen!"

Vielleicht findet ihr im gemeinsamen Gespräch auch ganz praktische Lösungen. Vielleicht möchte deine Tochter den Schulweg zu dritt organisieren, damit von Anfang an kein Kind ausgeschlossen ist?!

Satt und genährt…

Wenn meine Eingangsbehauptung wirklich stimmt und Eifersucht mit Verlustängsten zusammenhängt, würde alles, was ein Kind im übertragenen Sinn sättigt, der Eifersucht die Macht nehmen.

Eifersucht wäre dann eine Frage der Identität. Fühle ich mich in Gott geborgen, sicher und von ihm angenommen, muss ich meinen Wert nicht von aussen bestätigen lassen. So wie Gottes Nähe mich unabhängiger von meinem Umfeld und den Umständen macht, so werden auch Kinder unabhängiger (nicht frei) von der Meinung und der Zuneigung anderer Kinder, wenn sie sich von den Eltern wertgeschätzt, dazugehörend und bedingungslos geliebt fühlen. "Zutiefst versorgt", könnte man sagen.

Konkurrenz versus Kooperation…

In einem früheren Beitrag hast du bereits von deiner Tochter, ihrer besten Kindergartenfreundin und weiteren Mädchen berichtet und davon, dass dein Kind unter gewissen Konstellationen leidet. Im erwähnten Thread hast du auch davon erzählt, dass die Mädchen alle dazu neigen, im Alpha zu sein. Deshalb frage ich mich, ob ein Teil des Problems in der Hierarchie liegen könnte. Hast du die Mädchen gelegentlich bei dir? Kannst du die Kinder unter deine Fittiche nehmen, Einfluss nehmen und die Kinder unterstützen, "gesunde" Hierarchien zu bilden, wo Fürsorglichkeit und Anlehnung spielen? Wenn du anwesend bist, wäre auch das Alpha geklärt.

Ein weiterer Aspekt wäre vielleicht noch die Konkurrenz. Ich stehe in Konkurrenz zu einer anderen Person und gleichzeitig in Gefahr, im Vergleich zu ihr zu verlieren. Es gibt sehr wenige Fälle, wo Konkurrenz und damit verbundene Eifersucht gerecht bzw. berechtigt ist (z. B. in der Gottesbeziehung oder in der Ehe). In allen anderen Fällen ist es hilfreich, Konkurrenz durch Kooperation zu ersetzen. Konkret könnte das so aussehen, dass du deiner Tochter die Augen dafür öffnest, welche Stärken und Schwächen sie und ihre Schulfreundinnen haben und wie sie sich ergänzen können (Wirgefühl). Das ist grad doppelt hilfreich, weil deine Tochter so auch spüren kann, wie einzigartig und wunderbar geschaffen sie selbst ist.

Liebe Grüsse
Eviana

Liebe Bila
gell, es kann einem immer wieder richtig mit reinnehmen, wenn das eigene Kind leidet. Ich erlebe das auch immer wieder bei meinen jungen erwachsenen Söhnen. Grad wenns um Beziehungen geht, möchte ich so gerne helfen. Ich muss mich richtig zusammenreissen, dass ich meine Meinung dazu nur dann äussere, wenn sie mich um Rat fragen....
Aber eben, deine Tochter ist neun, da bist du noch ganz klar mitten drin...
Ich denke, die Lösungsansätze von Eviana sind sehr richtig und hilfreich. Wir müssen auch wissen, dass es ja nicht in erster Linie darum geht, die Beziehungen zwischen den Mädchen zu klären und zu stärken. Es ist viel wichtiger, dass sich deine Tochter in der Beziehung zu dir, zum Papa, Grosi, der Lehrerin, zu Jesus (je nach Zugang)...gestärkt fühlt. In den Beziehungen also, die nicht so verletzend sind.
Und wenn sie sich da sicher fühlt, wird sie das "fiesele" unter Gleichaltrigen schlussendlich unbeschadet überstehen....auch wenns häufig weh tut, auch wenn sie sich aufregt, ausgeschlossen fühlt.
Als Mami muss man häufig so viel mit den Kindern zusammen aushalten, auch mal in einem geschützten Rahmen Tränen vergiessen...aber da sag ich dir ja sicher nichts Neues...

Es macht sicher Sinn auch noch mal die Gespräche zu lesen, die du vor fast zwei Jahren hier im Forum geführt hast....dort steht vieles, das wohl auch jetzt noch gilt.

Ich wünsche dir ein gutes Wochenende, viel Mut zum Aushalten und viele gute Erlebnisse mit deiner Tochter

Momira

Liebe Eviana, herzlichen Dank für deinen tollen Beitrag. ich werde vieles von dir herausnehmen und ausprobieren. für meine Tochter ist es schwierig über ihre Gefühle zu reden, sie kann es nicht so gut formulieren( ich kann es selber leider auch nicht so gut! bin aber am lernen!) und ist auch oft eingeschnappt.
ich sehe sehr oft, dass wir Eltern den Schlüssel für vieles sein können!
herzlichen Dank und liebe Grüsse

Liebe Momira, herzlichen Dank für deinen tollen Beitrag! Ja, das Aushalten ist eine grosse Sachen! manchmal geht es ganz gut und manchmal eben nicht. Aber das ist ja menschlich. schön was du geschrieben hast.
Danke und liebe Grüsse