Das liebe Essen

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8 Jahre 3 Monate her #5442 von tiqva
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Liebe Landi

Danke fürs Erzählen. Das ist ja so schön! Eure Begegnung klingt so friedvoll.

Weisst du, bei uns ist es genau gleich, D8 (der Älteste) ist auch so. Meist passt ihm irgend etwas nicht, und mein Frust dabei ist häufig: "Ich rackere mich ab, und niemand ist dankbar!" Das klingt zwar sehr übertrieben, ist aber mein inneres Gefühl, und mit dem reagiere ich, wenn ich unachtsam bin.

Ich bin grad motiviert, mit unserem Ältesten eine Join-Up Intervention zu machen deswegen. Das Konzept habe ich noch nicht vollumfänglich verstanden, ich mache meine ersten Schritte... und bin gespannt.

Weiterhin viele friedvolle Begegnungen vor dem Essen wünsche ich dir!

Herzlichst
tiqva

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8 Jahre 3 Monate her #5443 von tiqva
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Ach ja, das mit dem Frust und dem Ventil - das glaube ich auch!!

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8 Jahre 3 Monate her - 8 Jahre 3 Monate her #5446 von marlis
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Mit Spannung lese ich hier mit!

Bei uns war Gemecker am Tisch bis letzten Sommer kaum je ein Thema. Unsere Kinder assen einfach was es gab. Und das, obwohl wir niemals Druck (weder Lob noch Tadel) oder gar Zwang ausübten, wie lebten es einfach vor, das ist alles. Im Gegenteil sagten die Kinder oft „Oh yeh, es gibt mein Lieblingsessen!“ Und das bei fast allem was es gab! Als dies änderte, war es uns ein Rätsel, warum die Kinder plötzlich von „das mag ich nicht“ oder gar, „das isch gruusig“ redeten. Rückblickend allerdings glauben wir den Grund dafür gefunden zu haben. Seid genau dieser Zeit haben wir ca. einmal pro Woche ein Kind (8-jährig) am Tisch, welches bei praktisch jedem Essen rummeckert (und notabene damit die ganze Atmosphäre kaputt macht, am Tisch). Nun hat besonders unsere Jüngster, J4, begonnen, schon bevor er überhaupt vom Essen probiert hat, zu sagen, ja, zu schreien, „I wott nüüüt vo däm!!“ Angangs meinten wir, das sei eine Phase, und wir nahmen ihm wieder von Teller, was er nicht wollte. Mir persönlich ging das je länger je mehr gegen den Strich. Kürzlich war ein anderes Kind (9-jährig) bei uns am Mittagstisch, welches nur im Teller rumstocherte, und nahezu alles stehen liess. Unsere Kinder assen alle ihre Teller leer, und das Besuchskind meinte bloss „ich has nöd gärn“ Als die Kinder draussen waren, sagte ich zu meinem Mann: „Genau das will ich unseren Kindern ersparen, dass sie mal so heikel und wählerisch sind! Das muss sehr peinlich sein, wenn man als Kind nie gelernt hat, auch etwas zu essen, was man nicht mag!“

Kurz darauf reklamierte J4 wiedermal, er wolle kein Gemüse, noch bevor er davon probierte. Er meckerte richtig rum, sagte „wääh“ (ein Wort, welches ich am Tisch nicht dulde) Ich erklärte ihm, dass es nur das gibt, was es gibt, und wir von allem essen usw. Wenn er aber nun schreien müsse, weil er es nicht mag, dann dürfe er das, aber bitte hinten im Wäscheraum (gleich hinter der Küche). Er schrie weiter, also trug ich ihn ruhig (!) nach hinten, sagte ihm, er dürfe gerne wieder kommen, aber ein Gemecker übers Essen wolle ich nicht am Tisch. Mit einem aufmunterndem Lächeln verliess ich ihn. Es sollte fühlen, dass ich ihn verstehe, aber dennoch bei meinem Standpunkt bleibe: Am Tisch bestimmen wir Erwachsene über die Atmosphäre. Nach einer Minute schlich er wieder an den Tisch, ruhig und entspannt. Er ass alles, motzte nicht mehr und das Thema war weg. Von einem Widerwillen dem Gemüse gegenüber konnte ich beim essen dessen nichts feststellen. Es konnte also nicht sein, dass es ihm sehr widerstand. Das könnte ein so junges Kind ohnehin nicht verheimlichen! Und zuletzt sagte er sogar: „I ha g‘merkt, i has itz gärn!“

Bald darauf gab es Blumenkohl. Der Jüngste schrie wieder, er wolle nichts davon. Ich schöpfte ihm trotzdem - und er schrie noch mehr ;-). Ich fragte ihn, ob er einfach kurz motzen/schreien müsse, weil er es nicht möge, das sei ok, oder ob er bei uns am Tisch bleiben wolle. Er blieb bei uns. Beim Teller ausputzen helfen schob ich ihm ein Stück Blumenkohl in den Mund und beobachtete ihn, wie er reagieren würde. Er verzog den Mund nicht, ich schob gleich noch einen Löffel voll nach - Null Reaktion. Für mich stand fest: Nicht den Geschmack des Blumenkohls war der Grund für seinen „Aufstand“, sondern das Ganze war für ein Mittel geworden, mit dem Rummotzen Aufmerksamkeit zu erregen.

Aus dem Ganzen lerne ich, dass ich mit ihm wieder vermehrt bewusst die zweite Meile gehen will, ihm von mir aus Aufmerksamkeit schenken will. Dann wird es sich für ihn erübrigen, sie am Tisch einzufordern. Auch dass es ein Ventil für Frust war/ist, kann ich mir gut vorstellen.
Last edit: 8 Jahre 3 Monate her by marlis.
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8 Jahre 3 Monate her - 8 Jahre 3 Monate her #5447 von marlis
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Noch etwas...

Als Kinder durften wir zwei Gerichte wählen, die uns sehr widerstanden, von welchen wir uns dann jeweils kein zweites mal mehr schöpfen lassen mussten, wenn wir nach dem ersten Teller voll noch mehr haben wollten. Alles andere war klar, dass es gegessen wurde. Es war einfach keine Frage! Wir durften allerdings auch nie zwischendurch etwas essen, (ausser Äpfel oder Rüebli) wir waren uns also gewöhnt, den Hunger allein am Tisch zu stillen. So war Hunger der beste Koch. Bei jenen Gerichten, die wir wirklich gar nicht mochten, lernen wir, sie häppchenweise zu essen und gleich mit Wasser runterzuspülen. Heute bin ich sehr dankbar, dass ich nie Angst haben muss, es könnte mal irgendwo etwas geben, was ich dann nicht mag, und dadurch auch nicht essen könnte. Ich finde es SCHLIMM, wenn man dem Gastgeber sagen muss, man möge das Essen nicht! Auch aus der Sicht der Gastgeberin finde ich ein „Ich mag es nicht“ als unanständig, ja, als frech! (ausser es sei wirklich haargenau eines jener Gerichte, wo man schier Brechreiz kriegt, wenn man es in den Mund nimmt. Aber im Ernst: Das ist doch höchst selten der Fall?!) Spätestens wenn die Kleinkinderphase vorbei ist, ist ein gesundes Kind doch in der Lage, auch etwas zu essen, was nicht zu seinen Lieblingsgerichten gehört. Da bin ich vielleicht etwas streng, aber zu essen, was gekocht wird, hat auch mit Respekt und Wertschätzung und Dankbarkeit dem Koch gegenüber zu tun (und noch viel mehr unserem Schöpfer, dem wir alles zu verdanken haben). Ich verlange ja auch, dass sie mal einen Pulli anziehen, der den Kindern nicht 100% super gefällt, wenn's grad kein anderer mehr auf dem Stapel hat. Erweisen wir da den Kindern nicht einen Bärendienst, wenn sie die Messlatte dessen, was sie mögen, sehr hoch setzen können?

Naomi Aldort sagte mal sinngemäss: „ Wir müssen nicht die Welt verbiegen für die Kinder, aber ihnen dabei helfen, auch die weniger schönen Dinge zu ertragen/durchzustehen.“

Zurück zum Essen: Für mich gibt es im Prinzip drei Gruppen von Essen: Diejenigen Gerichte, die man sehr gerne mag, so quasi die top-ten, dann das, was man gaaar nicht mag (bis hin zum Würgereiz) und dann all' das, was weder zur einen noch zur andern Gruppe gehört. Wenn nun ein Kind lernt, dass man bei allem, was nicht zur top-ten-Gruppe gehört, man einfach ablehnen kann, und man nicht essen „muss“ ... hmmm... Bin ich da völlig falsch dran, wenn ich das als ungesunde Haltung ansehe? Diese ständige Frage „mag ich das, oder mag ich es nicht - und entsprechend kommt‘s mir nicht in den Teller“ finde ich höchst bedenklich! Leider scheint das heute normal zu sein, dass man die Kinder ständig zuerst fragt, „möchtest du davon, oder doch lieber nicht?“

Ich betone: Ich rede da nicht von kleinen Kindern, sondern von Kindern in einem Alter, wo sie der Reife entsprechend in der Lage sein sollten, auch etwas zu tun, was ihnen grad nicht super gefällt - so doch auch beim essen!

Puh, bin glaub‘ grad in Schwung geraten! Bin ich da mit meiner Meinung wohl allein auf weiter Flur, dass Mensch schon als Kind (wann denn sonst?) lernen soll, dass der Teller in aller Regel zuletzt leer ist, auch wenn es nicht das Lieblingsgericht war?

Die Erlebnisse mit den wählerischen Kindern ( im Ganzen sind es mindesten deren 8, in letzter Zeit ) stimmt mich sehr, sehr nachdenklich, und irgendwie auch wütend! Ist es heute normal, nur zu essen, was einem grad so passt, und dabei dem Koch gegenüber nicht einmal ein schlechtes Gewissen zu haben?? Meiner Meinung nach haben es solche Menschen später schwer, wenn sie sich ständig einbilden, es gebe nur selten etwas Feines. Letzten Endes hat es doch auch mit Dankbarkeit zu tun, ob wir essen was es gibt, oder nicht. Und dankbare Menschen sind bekanntlich glückliche Menschen!

Mich erinnert dieses Thema auch an die „geistliche Nahrung“, dem Lesen in der Bibel. Auch dort können wir nur das lesen, was uns grad so schön und stimmig dünkt - und die „bitteren Kräuter“ weglassen. Aber gehört nicht auch da, wie im ganzen Leben, beides dazu?

Ihr Lieben, sagt mir: Liege ich mit meinen Einschätzungen und Empfindungen völlig falsch? Muss ich einfach lernen, dass man heute nun mal ausschliesslich das isst, was perfekt mundet? Gilt es nicht auch hier, die Führung zu übernehmen, und darüber zu bestimmen, was es gibt, ohne Sonderangebote zu machen? Ist es für ein Kind nicht letztlich auch eine Qual der Wahl, immer entscheiden zu müssen, ob nun dieses oder jenes Essen noch im Bereich des Essbaren liegt, oder schon nicht mehr? Gibt es wirklich so viele sensorisch hochsensible Kinder, denen wirklich ganz, ganz viele Nahrungsmittel scheusslich schmecken?

Fragen über Fragen...
Last edit: 8 Jahre 3 Monate her by marlis.

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8 Jahre 3 Monate her - 8 Jahre 3 Monate her #5448 von Luema
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Liebe Marlies, grundsätzlich wäre ich deiner Meinung. Ich denke, dass Kinder DInge essen können sollten, die sie nicht gerade lieben, denke, dass das Ziel ist, dass man einfach wenig isst von dem was man nicht mag, ohne dabei gleich ein Wääääh in die Welt zu brüllen... ab einem gewissen Alter. Ich denke, das wär eine Fähigkeit, die zum Reifegrad der gemischten Gefühle durchaus gehört.

Soweit die Theorie. :unsure:

Und ja, in der Praxis erlebe ich das auch genau so mit meiner L,10.

ABER. Da hätten wir ja noch M,7. Und da ist wirklich nichts zu machen. NICHTS. Und die beiden sind gleich aufgewachsen. L,3, isst wieder wie ein Mähdrescherchen alles was vors Mündchen kommt, Broccoli, Salat, Peperoni (...gern Roh zum Zvieri...)

Aber M7 ist ein anderes Kaliber. Was machst du mit einem Kind, das es wegen einem Maischörnli würgt? Wegen eines Stückli Tomate zum WC rennt? Wegen eines Rüebli zu weinen beginnt?

Was macht man, wenn die ganze schöne Theorie nicht funktioniert? Und das Kind jedes Stück Gemüse was nicht gerade Eisbergsalat oder Kartoffel heisst, nur unter starkem Würgereiz runterkriegt?

Ich denke, zu bedenken ist auch noch, dass manches hochsensible Kind und je kleiner je mehr, Bitterstoffe im Gemüse massiv stärker wahrnimmt als wir.

Ich bleib aber gern bei meiner FRage und bin gespannt ob Lösungen vorhanden sind. Diese Frage habe ich schon zig mal an zig Leute gestellt, bisher gibts zwischen "Das kommt von selbst, lass ihm Zeit und er soll ab und an probieren..." und.... "manchmal muss man ein Kind zwingen..." nichts Hilfreiches. Zeit gelassen habe ich, wie man sieht, jetzt genau 7,5Jahre. Von selbst ist nichts gekommen.... gezwungen habe ich ganz ganz selten, ein bisschen aus Verzweiflung und HOffnung, dass doch irgendwas KLick macht, zu einem einzelnen Mais-chörnli, einem 1x1cm grossen Würfeli Tomate, und einem 2x1 cm grossen Stück Rüebli... Wobei zwingen heisst, dass dem Kind die Tränen über die Wangen laufen vor lauter Würgereiz, obwohl er eben mit einem Schluck Wasser versucht, alles runterzuspülen.

HInzu kommt ja noch... da leidet auch das Kind. :( DAs Kind ist in der Geschichte gar nicht zu vernachlässigen. Er betet oft für die armen Kinder, dass Gott Regen schenke damit auf den Feldern dort das Essen wachse UND sie doch BITTE dieses Essen dann auch gern haben mögen.
Ich denke, das sagt alles aus, über seine Rolle in der Geschichte.

DAher... ich bin gespannt, was ihr dazu sagt... :unsure:

Und wäre schon fast bereit, einen Lösungsfinder-Lohn auszustellen für denjenigen der die Antwort findet, die uns wirklich hilft. B)

Herzlich grüsst
Maria
Last edit: 8 Jahre 3 Monate her by Luema.

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8 Jahre 3 Monate her #5449 von Marion
Antwort
Liebe Marlis, liebe Maria,

Lösungen habe ich leider auch keine - ich leide selbst mit meinem "Schlechtesser" mit - aber ich möchte gerne von zwei Erlebnissen berichten:

Vor einiger Zeit hatten wir ein Ferienkind zu Gast. Das Mädchen ist hochsensibel. Alles zu essen, ist ein riesiges (!) Problem für sie. Zu Hause isst sie deshalb kaum etwas. Beim ersten Zmittag: "Ich mag das nicht." - "Das ist nicht schlimm. Du kannst beim Znacht einfach etwas mehr essen." Danach war das Thema schlichtweg "gegessen", und ich hatte nicht den Eindruck, dass es ihr Mühe machte - im Gegenteil: Sie ass mit grosser Lust.

Als unser Ältester etwa vier Jahre alt war, machte es mir grossen Kummer, dass er nur Äpfel und Karotten ass. Also versuchte ich, ihn zu "erpressen": "Wenn du eine einzige Traubenbeere isst, dann kaufe ich dir den Teleskoplader, den du so gerne hättest." (Ihr seht, die Verzweiflung war riesig.) Daraufhin gab er sein Bestes. Er steckte sich die Traubenbeere in den Mund, versuchte zu schlucken, würgte, liess sie wieder in die Hand gleiten, nahm sie wieder in den Mund, versuchte wieder zu schlucken, würgte wieder... immer und immer wieder. Wir waren beide verzweifelt. "Du musst beissen." - "Ich kann nicht." - "Versuch's!" Endlich biss er in die Beere. Das Gesicht, das er dann machte, werde ich nie mehr vergessen. Unser Sohn war richtig überrascht, weil es so gut schmeckte.

Deshalb frage ich mich manchmal, ob das Problem wirklich nur bei den Geschmacksnerven im Mund liegt oder ob es nicht auch irgendwo im Denken oder den Vorstellungen von uns und unseren Kindern liegen könnte. Zu grosse Auswahl? Nicht heimische Produkte? Undankbarkeit? Könnt Ihr Euch vorstellen, dass das in armen Ländern ein Thema wäre?

Liebe Grüsse
Marion

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