Refresher
Kein Zweifel, es ist mühsam für dich, wenn dein Kind nicht tut, was es soll, frech ist und immer das letzte Wort hat.
Für dein Kind sind die Folgen wohl noch tiefgreifender. Du kannst nämlich - wenn das Problem andauert - jene Funktion nicht mehr richtig ausfüllen, die für dein Kind zentral ist: Du kannst ihm nicht mehr Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Die Folge ist, dass dein Kind unruhig ist und ständig auf der Suche nach verlässlichen Beziehungen. Viele Kinder übernehmen selber die dominante Rolle, oft auch im Umgang mit den Gleichaltrigen.
Nur ein Kind aber, das im abhängigen Modus gebunden ist, kann vom Schutz und von der Fürsorglichkeit der Eltern profitieren. Sobald es sich nicht mehr untergeordnet fühlt, steigt die Anspannung und die Unruhe. Das ist letztlich auch bei uns Erwachsenen so. Welcher Arbeitgeber erinnert sich in schlaflosen Nächten nicht dann und wann wehmütig an die Zeit, wo andere sich um die Bilanzen kümmerten.
Dieses Mail übrigens ist ein weiteres mit der gleichen Zielsetzung wie die letzten: Viele Eltern vergessen ob dem vielen Verständnis und der engagierten Einfühlung, wie wichtig es ist, im Alpha zu sein und zu bleiben. Vertrauenspädagogik ist nämlich absolut nicht antiautoritär - im Gegenteil: Autorität ist wichtig. Nur wenn ein Kind im abhängigen Modus gebunden ist, wenn es im Join-up ist, ist Raum da für die Reifung.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 26. September 2016
Was der Widerstand mit unseren Kindern macht
- Welche Konsequenzen hat es für ein Kind, wenn es im Widerstand ist?
- z. B. Widerstand auf der «Egal-Schiene» oder wenn es immer nein sagt. Damit sind nicht Kinder gemeint, die dauernd feindlich gestimmt sind (anderes Thema).
- Es sind Kinder gemeint, für die es nicht stimmt etwas zu tun was wir als Eltern ihm sagen.
- Wenn wir als Eltern etwas sagen und das löst in meinem Kind tendenziell Ablehnung und Widerstand aus, was hat das für Konsequenzen für mein Kind?
- 1. Konsequenz: Es löst in Eltern üble Gefühle aus. Kind merkt, dass es bei Eltern nicht gut ankommt und das kann sich hochschaukeln. Dann suchen wir als Eltern einen Ersatz für das, was wir Join-up nennen - wir üben Druck aus, schreien etc. und das Kind bekommt das Gefühl, dass sich Eltern nicht mehr über sie freuen können, wenn sie es sehen.
- 2. Konsequenz: Es ist für das Kind eine Überforderung, an der Spitze der Hierarchie zu stehen. Ein Kind, das sich nicht im abhängigen Modus gebunden fühlt, ist dadurch unter Dauerstress. Viele negative Verhalten kommen aus dieser Situation bzw. Spannung heraus. Häufige Folge ist, dass Kinder schlecht schlafen. Das Kind fühlt sich nicht geborgen, sondern ist nervös und angespannt. Ein Kind kann nicht in den gesunden Schlaf fallen, wenn es nicht im Frieden ist.
- Darum ist es so wichtig, dass das Kind hierarchisch untergeordnet ist.
- Wir sprechen heute darüber, wie wir das Kind aus einer falschen Hierarchie herausführen können.
- Viele Kinder haben den Eindruck: «Ich habe jederzeit ‹Zugriff auf den Bildschirm meiner Mutter›. Meine Mutter ist immer und jederzeit für mich da - und zwar nicht im Sinne eines Schutzes in der Not, sondern sie steht mir jederzeit zur Verfügung, damit sie mich unterhält, mir alle Hindernisse aus dem Weg räumt. Ich kann immer mit ihr sprechen und erhalte die volle Aufmerksamkeit.» Das ist gefährlich.
- Wenn das Kind sich so verhält, reagieren wir als Eltern nicht mehr so, dass wir sagen: «Lass mich doch schnell in Ruhe. Ich telefoniere oder lese oder …», denn so fühlt sich das Kind weggewiesen, ist frustriert und wird noch mehr Druck ausüben. Denn es ist sich ja gewohnt, immer Vorrang zu haben. Das ist ein Hierarchiesignal. Man nimmt nicht die untergeordnete Position ein, wenn man ständig Aufmerksamkeit einfordern kann. Denn dann ist man sich gewohnt derjenige zu sein, der das Sagen hat. Empfohlen ist folgende Übung: Wenn ein Elternteil im Gespräch oder anderweitig beschäftigt ist und das Kind Aufmerksamkeit will, dann nimmt man das Kind nahe zu sich (so fühlt sich das Kind nicht abgewiesen, macht keine Trennungserfahrung durch), aber man macht weiter mit dem, womit man beschäftigt war (Telefon, lesen etc.). Die eigenen Pläne werden nicht durch das Kind über den Haufen geworfen. Man nimmt das Kind nahe zu sich und sagt: «Warte einen Moment.» Das Kind soll dann warten. Als Eltern weiss man, wie lange ein Kind warten kann, bevor es frustriert reagiert. Aber die Eltern bestimmen, wie lange das Kind warten soll. Das ist ein gutes Hierarchiesignal.
- Ein wichtiger Punkt ist auch, die Hierarchie unter den Geschwistern zu beachten. Es ist wichtig, dass man nicht das ältere Kind vor dem jüngeren kritisiert.
- Wenn das Kind die «Egal-Schiene» fährt, kann man darauf achten, wann das Kind etwas von mir will. Wie spricht das Kind mich als Elternteil an? Untergeordnet oder fordernd? Wir dürfen nicht dulden, wenn das Kind in einem falschen Tonfall mit uns redet.
Wir haben im letzten Monat das Zuviel an Freundlichkeit thematisiert. Lies den Brief vielleicht nochmals nach, falls du ihn nicht mehr in Erinnerung hast. Sie sind ja alle hier abgelegt.
Vielleicht hast du Lust, bis am Montag die gleichen Gesetzmässigkeiten bei deinen Kindern zu beobachten. Es gibt die beiden Arten von Freundlichkeit auch bei ihnen: Die eine, die aus dem Herzen kommt und genährt ist von Fürsorglichkeit und Wohlwollen. Die andere stammt aus dem Wunsch, die Kooperation des kleinen Geschwisters zu gewinnen, es vielleicht schmeichlerisch dazu zu bringen, das ältere endlich in Ruhe zu lassen oder ihm etwas Attraktives zu überlassen. Vielleicht soll das gute Zureden auch den Unmut des Kleineren beschwichtigen und zwar so, dass die Mama nicht einschreitet.
Auch hier gilt: Freundlichkeit, die mit der Absicht daherkommt, das Gegenüber freundlich zu stimmen, ist ein Unterordnungssignal.
Je mehr die Hierarchie durcheinandergerät, desto weniger kann das kleinere Geschwister sich angemessen verhalten, und es verliert auch das gute Gefühl, von den älteren Geschwistern geliebt und beschützt zu werden.
Ein solches Verhalten, wo ein älteres Kind sich unterordnet, kann natürlich auch sinnvoll und angemessen sein. Ein schönes Beispiel haben wir gestern mit zwei Enkeln erlebt (er sechsjährig, sie dreijährig), die in einer wunderschönen Hierarchie friedlich zusammenleben. Er schwamm - flügelibewehrt - neben mir her und musste alles geben, das Ufer zu erreichen. Da kam die kleine Schwester mit einem Gummiboot daher. Er fragte ganz lieb: «Darf ich einsteigen, bitte?» Wieweit meine Anwesenheit da noch Einfluss hatte, weiss ich nicht, aber die Kleine überliess ihm ohne zu zögern grosszügig ihr Bötchen. Wie es herausgekommen wäre, wenn er ihr das Ding einfach entrissen hätte, können wir uns sicher alle vorstellen.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 29. August 2016
Ich verstehe es gut: In einer Welt, wo die Mächtigen die Ohnmächtigen unter Druck setzen, sie bedrohen und einschüchtern, hat ein Wort wie «Hierarchie» einen schlechten Geschmack. Dabei sind wir alle darauf angelegt. Wir alle brauchen Menschen, die für uns sorgen, und andere, um die wir uns kümmern dürfen. Und dies in wechselnden Rollen und Situationen.
Viele Kinder fühlen sich heute ungeborgen, weil ihre Eltern um ihre Gunst betteln, anstatt ihnen die eigene zu schenken. Kinder brauchen Eltern, die zu ihnen freundlich sind - sicher - aber wenn du als Mami oder Papi meintest, dass deine Kinder umso freundlicher werden, je liebevoller und herzlicher du bist, dann wäre das ein fataler Irrtum.
Freundlichkeit, die mit der Absicht daherkommt, das Gegenüber freundlich zu stimmen, ist nämlich ein Unterordnungssignal.
Kinder vertragen Unterordnungssignale der Eltern schlecht. Es raubt ihnen das Gefühl, bei starken Eltern sicher zu sein.
Freundlichkeit, die absichtslos ist, die der Liebe entspringt und die dein wirkliches Empfinden ausdrückt, stärkt deine Kinder. Sie werden es dann auch ertragen, wenn du einmal nein sagst oder deinen Unmut in einer Sache ausdrückst.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 25. Juli 2016
Gibt es ein Zuviel an Freundlichkeit?
- Es ist nichts Falsches, wenn wir als Eltern freundlich sind - Ziel ist ja auch, ein Vorbild zu sein, aber das Problem liegt darin, dass es eine Art Freundlichkeit gibt, die ein Unterordnungssignal ist.
- Eltern erwarten, dass das Kind aus untergeordneter Position mit ihnen spricht. Nicht: «Mama ich will, tu das.»
- Eltern erwarten Freundlichkeit vom Kind - keine Forderungen - weil sie das Gefühl haben, dass das nicht passt (instinktive Haltung).
- Jemand in untergeordneter Rolle darf nicht einfordern, nicht befehlen und nicht drohen.
- Was aber passiert, wenn Eltern ihren Kindern im untergeordneten Tonfall begegnen? Sie geradezu anflehen: «Bitte iss doch das - mir zuliebe.» Diese Art, im untergeordneten Tonfall zu bitten, ist für das Kind ein Problem. Es merkt, Mama und Papa sollten meine Sicherheit sein, mein Rahmen, wo ich mich frei entfalten kann - das erwartet das Kind.
- Was geschieht, wenn genau das Umgekehrte passiert? Wenn das Kind in der übergeordneten Rolle ist?
- Diese Art des Bittens ist ein Unterordnungssignal: «Räum doch bitte das Zimmer auf - mir zuliebe.», «Möchtest du das oder jenes?»
- Die Kinder vertragen es schlecht, wenn Eltern ihnen Unterordnungssignale senden.
- Was heisst das nun praktisch und konkret?
- Es kommt nicht so auf den Ton an - es kommt auf den Gedanken an.
- Wenn du denkst, dass du das Recht, sogar die Pflicht hast, deinem Kind Aufträge zu erteilen, dann fühle so, denke so und sage es wie du willst - es kommt bei deinem Kind so an, wie du denkst. Zum Beispiel: «Bitte räum den Tisch ab.»
- Der Gedanke ist das Zentrale.
- Das ist wichtig, dass ich das Gefühl habe, dass ich der Versorger meines Kindes bin und ich mein Kind führen will.
- Wenn Eltern Vorbehalte haben zu ihrer Leiterschaft, dann ist das schwierig.
- Sei dir bewusst: Für dein Kind bist du die einzig richtige Mutter, der einzig richtige Vater.
- Sprich nicht in untergeordnetem Ton. Flehe nicht, bitte nicht - sondern ordne an.
- Selbstverständlich gibt es auch Situation, wo ich bitten soll. Zum Beispiel: «Darf ich bitte deinen Kugelschreiber ausleihen?» Das ist eine situativ untergeordnete Situation. Weil es ja auch nicht mein Stift ist. Das ist richtig so.
- Sobald ich aber einen untergeordneten Ton gebrauche, wenn ich mein Kind führen soll, ist das nicht gut. Zum Beispiel: «Bitte bitte sei um 9 Uhr zu Hause. Sonst mache ich mir Sorgen.»
- Aber wenn ich sage: «Ich möchte, dass du um 9 Uhr zu Hause bist.» oder «Bitte sei um 9 Uhr da!», ist das richtig.
- Eltern sollten in der Position sein, wo sie Grenzen setzen sollen.
Kennst du das Gefühl, das aufkommt, wenn ein Kind nicht tut, was du sagst? Wenn du das dringende Gefühl hast, etwas tun zu müssen, und weisst nicht wie? Wenn du das Gefühl hast verantwortlich zu sein, aber es fehlt dir der Einfluss? Es ist ein schmerzliches Gefühl und meist mischt sich noch Scham hinein, der Gedanke, ein Versager zu sein.
Als Eltern sind wir prädestiniert, uns so zu fühlen. Kein Wunder, dass wir versucht sind, unsere Kinder zu kontrollieren, um sie berechenbar zu machen.
Wenn du mit VP unterwegs bist, dann weisst du es: Dieses Gefühl gilt es auszuhalten, ja willkommen zu heissen. Es verweist dich an deinen Platz: nicht auf den des Töpfers, sondern auf den des Gärtners. Wir können und müssen unsere Kinder nicht machen, sie werden. Vergessen wir es nicht: Die Kinder brauchen deine Führung mehr als du ihren Gehorsam.
Sobald wir das Ohnmachtsgefühl nicht zulassen, laufen wir Gefahr, in der Aggression zu landen und wohl oft in der Resignation.
Je mehr du voraussiehst, ob dein Kind jetzt gehorchen kann oder will, desto besser kannst du dich schützen. Verzichte auf Befehle, die du nur unter grossem Aufwand durchsetzen kannst. Arbeite an der Beziehung. Wenn dein Kind im Join-up ist, dann fühlt sich der Gehorsam richtig an, sonst nicht.
Livesendung vom 27. Juni 2016
Verschiedene Themen
- Ein sensibles Kind trägt seinen Frust häufig nicht verbal nach aussen, sondern reagiert anders (Bsp. Atemnot = Ausdruck von Frustration).
- Bei einer Join-up-Intervention kann man als Eltern ein Privileg entziehen - bis das Kind sich wieder kooperativ zeigt.
- Gute Dinge werden nicht durch Zwang und Druck erreicht.
- Wenn ein kleines Kind weint, weil es z. B. nicht schlafen will, muss man kein schlechtes Gewissen haben, weil man es ins Bett bringt. Man kann ein Stück weit mitleiden, aber es ist nichts Schlimmes daran, wenn das Kind einmal weinen muss - das ist sein Ausdruck, wie es sich gerade fühlt.
Ohnmachtsgefühle
- Wir als Eltern müssen bereit sein, das Ohnmachtsgefühl zu ertragen. Es ist ein unangenehmes und schmerzliches Gefühl, welches man aushalten muss.
- Wenn wir das Ohnmachtsgefühl aushalten, kommen wieder gute Ideen.
- Wenn wir das Gefühl nicht durchhalten und mit anderen Tricks versuchen, das Ziel zu erreichen, und es auch nicht funktioniert, dann folgt häufig der Zorn. Der abrupte Übergang von Zureden zu Zorn schafft Unsicherheit, weil wir als Eltern für die Kinder unberechenbar werden.
- Wir müssen lernen, die Ohnmacht anzunehmen und zu ertragen.
- In einer solchen Situation könnte man wie folgt reagieren: “Es ist so, wie es ist - nicht so, wie ich es gerne hätte. Wir reden morgen weiter.”
- Vertagen ist gut und hat eine gute Wirkung auf das Kind. Es weiss, Mami oder Papi sind nicht wütend, aber auch nicht zufrieden. Meine Eltern leiden, aber sie machen mir keine Vorwürfe.
- Wenn ein Ohnmachtsgefühl aufkommt, kann man z. B. den Kindern sagen, dass man eine Runde mit dem Hund macht um nachzudenken, und so sagt man nichts im Zorn, was man später bereut, oder man macht etwas für sich selber.
Eine KV-Schülerin kurz vor dem Abschluss musste in die folgenden Sätze das richtige Tier einsetzen. Hier ihre Lösung:
«Ihn bringen keine zehn Schafe dazu, sich tätowieren zu lassen. Die Krähen pfeifen es von den Dächern…» und «Mich laust der Hund, jetzt hat auch sie ein Tatoo.»
Falls du selber zu den Leidtragenden gehörst, denen solche Redewendungen nicht mehr geläufig sind, hier die Auflösung: Pferde, Spatzen, Affe.
Wie kommt es, dass auch kluge Kinder diese Wendungen nicht mehr beherrschen? Ich meine es zu ahnen: Eine Sprache erlernt man nicht aus Sprachbüchern, Filmen oder Comics, und man kann solche Wendungen nur sehr kurzfristig (auf die Prüfung hin) auswendig lernen. Eine Sprache erlernt man von Menschen, zu denen man eine Beziehung hat. Moderner Unterricht lässt es immer weniger zu, dass Kinder ihren Lehrkräften beim Erzählen zuhören dürfen. Kinder lernen heute von Videos, von Bildschirmtexten, aus Büchern, aber seltener von Menschen, die ihnen etwas erzählen.
Die Beziehung zu diesen würde es ausmachen, ihre Betonung, ihr Blick, ihre Ausstrahlung. All das verdichtet sich in den Kinderherzen zu einer Sprache. Früher schon vergifteten oft Disziplinkonflikte solche Situationen. Später war es dann die Diffamierung des Frontalunterrichts als «lehrerzentriert».
Deshalb ist es umso wichtiger, dass ihr als Eltern und Grosseltern euren Kindern Geschichten erzählt. Vorlesen ist ja auch schön, aber halt nicht dasselbe. Erzähle doch mal aus deinem Leben. Lass dir Zeit dabei, beschreibe die Szenerie, die Düfte und Geräusche. Nimm dir die literarische Freiheit die Geschichte auszuschmücken, solange sie wahr bleibt. Noch spannender ist es, aus dem Leben deines Kindes zu erzählen. Zeige dazu anstatt die halbe Smartphone-Galerie nur ein einziges Bildchen und dann - erzähle! Lass die Kinder die Augen schliessen und male mit deinen Worten, erkläre und beschreibe. Geniesse es, wenn sie dir an den Lippen hängen, statt am Bein.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 30. Mai 2016
- Unser Wortschatz/Satzbau wird immer simpler und einfacher.
- Unsere Sprache verliert an Differenziertheit.
- Auch die indirekte Rede verliert sich.
- Wie differenziert wir denken können - so differenziert können wir reden
- Spracherwerb durch Erziehung
- Die Kinder orientieren sich nur für kurze Zeit an den Eltern, danach orientieren sie sich an den Gleichaltrigen.
- Die Komplexität/Ausdrucksweise bleibt mit sieben Jahren stehen, da die Orientierung sich verändert hat.
- Sprachen: Alltags-Kommunikation und Erzählsprache
- Es ist wichtig, dass wir wieder zur Erzählkultur zurückkehren
- Wir sollen nicht nur Bilder erklären, wir sollen sie unseren Kindern erzählen.
- Das Erzeugen innerer Bilder durch die Sprache ist sehr wichtig!
- Wörter/Struktur/Grammatik haben einen enormen Einfluss auf unser Denken.
- Unsere Kinder interessieren sich für unsere und ihre Geschichten
- Jede Generation verliert Wörter, und es kommen nur wenige oder sehr allgemeine Wörter dazu.
- Wörter gehen durch Nichtgebrauch verloren.
- Frustbewältigung durch die Sprache wäre der Königsweg.
- Es ist wichtig, dass unsere Kinder Gefühle formulieren können
- Wer keine Trauer fühlt, kann auch keine Freude spüren.
- Ein Kind, dem es nicht wohl ist, dessen Aufmerksamkeit ist nicht bei der Geschichte. Und das sollte ein Warnsignal für die Erwachsenen sein.
- Kinder kriegen nicht genug von erzählten Geschichten
- Es gibt verschiedenen Umsetzungen: Beispiel von Heinz Etter von den zwei Wassertropfen, wo der jüngere Tropfen vom älteren lernt. Bei Wanderungen, beim Zähneputzen - überall.
- Die Sprache wird über die Bindung vermittelt.
- Bei der Sprachentwicklung ist der Augenkontakt wichtig.
- Geschichten in eigenen Worten erzählen, nicht direkt vom Hochdeutsch ins Schweizerdeutsch übersetzen.
«Hast du dein Zimmer aufgeräumt?» - «Nein, ich räume es auf, wenn es mir passt. Es ist mein Zimmer!» - «Solange du erst zwölf bist, bestimmen wir solche Dinge! Bevor dein Zimmer aufgeräumt ist, gibt es für dich kein Internet mehr!»
Solche Dialoge können sich auch in Familien abspielen, wo die Kinder grundsätzlich im Join-up sind. Namentlich, wenn es ums Thema «Aufräumen» geht. Es ist eines jener Themen, die oft mit Gegenwillen aufgeladen sind. Viele Eltern resignieren in diesem Punkt - um der Beziehung willen - oder sie führen einen endlosen Machtkampf in der Sache und strapazieren ihre Beziehung. Wie hört sich das Folgende für dich an, wenn du mit Simons Ohren hörst?
Wichtig: Wir warten auf eine Friedenszeit.
«Simon, was würde dir helfen, dein Zimmer in Ordnung zu halten? Ich möchte, dass dieser ewige Kampf ein Ende findet.» - «Lasst mich doch einfach machen. Es ist mein Zimmer.» - «Nein, Simon, es ist ein Zimmer, das wir dir gerne überlassen, weil du unser Sohn bist und wir für dich sorgen. Dazu gehört, dass wir nicht wollen, dass du in einem Chaos lebst, einzig deshalb, weil wir in dieser Sache dauernd im Streit liegen und die Unordnung dir regelmässig über den Kopf wächst. Wo siehst du das Problem, wenn dein Zimmer aufgeräumt ist?» - «Gar keins - das Aufräumen ist das Problem!» - «Okay, dann werden wir einen Weg finden.»
Hier eine mögliche Entwicklung:
«Ich helfe dir beim Aufräumen, und dann legst du jede Woche zwei Termine fest, wo dein Zimmer wieder im Zustand ist, den wir zusammen herstellen. Was meinst du dazu?» - «Hm, reicht nicht einfach einmal?» - «Wenn ich daran denke, wie schnell ein Chaos entsteht, scheint mir zweimal pro Woche das Mindeste. Seit ich selber täglich meinen Tisch aufräume, schaffe ich es, Ordnung zu halten.» - «Täglich?» - «Klug wäre es, aber mindestens zwei Termine pro Woche solltest du setzen. Weisst du was? Zu deiner Unterstützung werde ich dasselbe mit meinem Atelier machen! Und wenn wir es einen Monat lang durchziehen, gehen wir zusammen Pizza essen. Ich lade dich ein.» - «Hm, so könnte es direkt noch Spass machen.»
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 25. April 2016
- Teil: Das ist mein Zimmer!
- Ordnung u. a. in den Kindernzimmern ist wichtig
- Kommunikation zwischen Eltern und Kindern wichtig. Auch wenn ein älteres Kind im Join-up ist und mit den Eltern ein gutes Verhältnis hat, kann es hin und wieder zu Machtkämpfen kommen. Ein Machtkampfthema ist oft die Unordnung im Kinderzimmer.
- Wie geht man als Eltern am besten mit Unordnung im Kinderzimmer um?
- 1. Man spricht das Thema in einer Friedenszeit an. Nicht wenn man ins Zimmer reinkommt und die Spannung sofort spürbar ist. Das Kind empfindet es dann eher als Nörgelei.
- 2. Wenn das Kind damit argumentiert, dass es ‘sein’ Zimmer ist, können wir das Kind darauf hinweisen, dass es zwar sein Zimmer ist, aber das Zimmer in unserem Haus ist und darum auch in unserer Verantwortung.
- 3. Besser die ‘Vision der Ordnung’ in den Raum stellen, als das Thema ‘Aufräumen’.
- 4. Man kann auch eine Vereinbarung treffen: Wenn du das Zimmer aufräumst, werde ich in dieser Zeit die Garage aufräumen, und nachher gibt es Pizza. Oder: Du räumst jeden Tag das Zimmer auf und ich dagegen jeden Tag eine Schublade. Auch diese Vereinbarung kann nach gewisser Zeit nach gutem Gelingen mit einer Pizza gefeiert werden.
- Teil: Kinder, die nicht beim Tischabräumen helfen:
- Es ist schade, wenn wir die Kinder mit Druck zum Abräumen zwingen müssen.
- Wie können wir als Eltern mit diesem Thema umgehen?
- 1. Wir warten auf eine Friedenszeit. Wir pfeifen unsere Kinder nicht zurück zum Abräumen, sondern räumen vorerst selber ab.
- 2. Im Gespräch mit dem ältesten Kind könnten wir es darauf aufmerksam machen, dass wir abgeräumt haben und dass wir es nicht so toll finden, die Kinder ständig auf ihre Aufgabe hinzuweisen. Wir stellen dem Kind die Frage, wie wir das ändern könnten? Wir übergeben z. B. die Verantwortung dem Ältesten und sagen ihm, er soll doch mit seinen kleineren Geschwistern eine Lösung finden, wie sie in Zukunft das Thema Tischabräumen behandeln möchten. Dass ein Elternteil hilft, ist gut, aber der Elternteil, der gekocht hat, sollte nicht auch noch aufräumen müssen. Als gutes Vorbild vorangehen. Wenn das ältere Kind eine Lösung mit seinen Geschwistern gefunden hat, kann man darüber sprechen, wie die Lösung aussieht. Auch kann bereits besprochen werden, wie man damit umgeht, wenn ein Kind sich seiner Aufgabe entzieht, z. B. dass es dann alles alleine machen muss.
- Im Gespräch mit den Kindern immer respektvoll sein. So respektvoll wie wir mit ihm umgehen, so wird das Kind auch uns begegnen.
- Teil: Diverse Fragen
- Wenn ein Kind seine Eltern schlägt, sollte man nicht zurückschlagen. Wir müssen dem Kind zeigen, dass wir stark und vertrauenswürdig sind. Das braucht ein Kind, um sich geborgen und sicher zu fühlen. Wenn ein Kind schlagen will, sollte man die Hände des Kindes halten. Es darf und soll spüren, dass wir körperlich überlegen sind.
- Wir sollten uns auch nicht aus Spass vom Kind dominieren lassen, z. B. bei einem Wettrennen. Wenn ein Kind sich stärker fühlt als seine Eltern, dann fühlt es sich ungeschützt. Wer beschützt es dann? Niemand fühlt sich beschützt, wenn es die Eltern prügeln kann. Ein Kind kann nur dann optimal reifen, wenn es sich sicher und geborgen fühlt.
- Ein Kind dazu anzuregen, selber Lösungen zu finden, ist ab diesen Zeitpunkten möglich:
- 1. Wenn das Kind reif genug ist
- 2. Idealerweise mit 7 Jahren
- 3. Wenn ein Kind sich seine Zukunft vorstellen kann. (Ein 3-Jähriger weiss nicht, was es bedeutet, jeden Tag den Tisch abzuräumen.)
- Ultimaten und Drohungen gehören nicht in den den Kontext der Liebe.
- Man sollte darauf achten, dass man den eigenen Willen nicht gegen das Rechtsempfinden des Kindes durchsetzt.
- Konsequenzen, die vorher abgemacht wurden, sind am besten.
«Wenn ich ihn machen liesse, würde er nichts mehr anderes tun. Und wenn er dann zum Essen doch einmal hervorkommt, dann spricht er nur über sein Game. Ich kann es nicht mehr hören.»
So erzählte mir eine verzweifelte Mutter. Wer wollte ihre Besorgnis nicht verstehen! So ein 13-Jähriger kann einem das Leben schwer machen. «Ihm ist alles egal, solange er nur sein Spiel hat.»
Computerspiele sind in der Tat so interessant, dass man in den meisten Fällen nicht um eine Regelung herumkommt. Viele Spiele sind ja so angelegt, dass sie weiterlaufen, auch wenn der Deckel des Laptops geschlossen ist. Solche Spiele sollte man eher vermeiden.
Eine Sucht hingegen, wie in unserem Beispiel, ergibt sich nicht zwingend aus dem uferlosen Spielen. Für viele Kinder ist das reale Leben frustrierend und sinnlos. Die virtuelle Alternative zeigt uns, wonach sich ein Junge wirklich sehnt: Nach einem aufregenden, aber doch berechenbaren Ort, wo die Regeln klar, aber überschaubar sind. Sie sehnen sich nach einer Welt, wo man nach einem Fehler zwar verliert, aber nicht gedemütigt wird, wo jeder mehr oder weniger Erfolg hat und wo es andere gibt, die die Leidenschaft teilen, und man deshalb ein gemeinsames Thema und eine gemeinsame Vision hat. Was soll ein solcher Jugendlicher denken, wenn Mama nicht zuhören mag, wenn er davon spricht, was ihn fasziniert und begeistert?
Es kann sein, dass es ihn bestätigt in seiner Überzeugung, dass nur das virtuelle Leben lebenswert ist. Dass die Erwachsenen ihn nur kritisieren und verändern, nicht verstehen oder gar lieben wollen.
Und dies würde ich dir raten, wenn du in einer ähnlichen Situation bist wie diese Mutter: Hör dem Jungen zu und freue dich über jede gewonnene Schlacht in seinem Spiel. Spüre sein Kämpferherz – das wäre dann wieder ein Stück Wirklichkeit. Überlege dir, ob sein Vater oder ein anderer Mann mit ihm in seinem Zimmer zum Beispiel eine neue Tapete montieren könnte, damit das wirkliche Leben auch ein bisschen farbiger wird, oder ob er gerne ab und zu etwas Feines kochen würde. Wie auch immer: Es ist wahrscheinlich hilfreicher, ins Leben zu investieren, als Süchte zu bekämpfen.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 28. März 2016
Zusammenfassung Livesendung
- Teil: Computerspiele
- Auch viele sonst unkonzentrierte und schnell abgelenkte Kinder können sich oft stundenlang beim Gamen konzentrieren - das heisst, das Kind kann sich eigentlich lange konzentrieren, auch wenn in der Schule gerade das Thema Konzentration schwierig ist.
- Von Computerspielen können wir lernen, was ein Kind braucht: Jugendliche brauchen gute, bewältigbare Herausforderungen, die Erfolg versprechen und Gemeinschaft fördern.
- Ein Grundbedürfnis von Jugendlichen ist das Kämpfen, Gefahren durchstehen.
- Als Eltern kann man nicht einfach Computerspiele verbieten - lieber Computerspiele, als dass sie aus lauter Langweile sich groben Gefahren ausliefern.
- Es bringt nichts Computerspiele zu verbieten. Aber es wäre wichtig, die Computerzeit einzugrenzen. (Je mehr wir das Spielen verbieten, desto attraktiver wird es.)
- Aber der Durst nach Gefahr darf nicht vollständig von den Computerspielen gestillt werden. Wir als Eltern müssen wissen, wie wir den Durst der Jugendlichen im realen Leben stillen können. (Sobald ein Kind aber süchtig nach Computerspielen ist, ist das sehr schwierig. Der Verlust ist grösser und der Ausstieg aus der Sucht schwieriger - darum ist es wichtig zu reagieren, bevor eine tiefe Sucht vorhanden ist. Vor allem Jungs neigen zur Spielsucht. Vor allem die Spiele, die auch weiterlaufen, wenn das Kind aufgehört hat zu gamen, sind gefährlich. Dann hat das Kind das Gefühl, es verpasst etwas und sagt vielleicht später: “Oh wäre ich doch nicht zum Sport gegangen, dann wäre meine Festung noch unverwundet.”)
- Wenn wir Grenzen setzten, u. a. bei Computerspielen, ist es wichtig, dass das Kind realisiert, dass die Eltern nicht gegen es sind, sondern auf seiner Seite.
- Das Entscheidende ist zu wissen: Jugendliche haben das Bedürfnis zu kämpfen und tapfer zu sein, und sie versuchen, dieses Bedürfnis z. B. mit Computerspielen abzudecken.
- Wenn das reale Leben zu ‘gezähmt’ ist und die Gefahr fehlt, dann ist dieses Bedürfnis nicht gestillt.
- Jungschar, Blauring und Pfadi sind gute Orte, um dieses Bedürfnis abzudecken.
- Ein anderer sehr empfehlenswerter Vorschlag ist, dass Väter mit anderen Vätern den Mut aufbringen und mit ihren Söhnen das Abenteuer suchen.
- Je besser die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist, desto besser können die Söhne etwas von ihren Vätern annehmen und desto besser ist damit die Prophylaxe gegen
z. B. Spielsucht - Wie machen wir das reale Leben wieder jungenkonformer? Durch die Computerspiele wird das wirkliche Leben verdrängt, das reale Leben wird immer unattraktiver, und die Spiele nehmen an Attraktivität zu.
- Wir als Eltern dürfen die Computerspiele bejahen, aber mit einer genauen Anfangs - und Endzeit.
- Ein Kind braucht Langweile, um kreativ zu sein, aber wenn Langeweile zum Computerspielen führt, ist das weniger gut.
- Kinder kommen oft erst auf die Idee, was sie tun könnten, wenn man es ihnen vorgelebt hat. Z.B. seilen sie sich einmal mit dem Vater ab, und dann wollen sie das später auch alleine machen: Das heisst, der Raum muss zur Verfügung stehen und das Abenteuer vorgelebt werden.
- Falls Eltern auch nicht ihre Abenteuer erleben konnten, kann man auch ungeniert jemand anders, der sich auskennt, involvieren und gemeinsam ein Abenteuer bestreiten.
- Teil: Diverse Fragen
- Bei Auseinandersetzungen das Kind aufs Zimmer schicken, ist keine gute Lösung. Für das Kind ist es eine Katastrophe, denn in diesem Moment braucht es am meisten Nähe in seiner Not. Es wäre besser, wenn der involvierte Elternteil sagt, dass er schnell rausgeht und gleich wieder kommt.
- Je besser ein Ausraster bewältigt werden kann, ohne dass das Kind aufs Zimmer geschickt werden muss, desto besser, denn sonst wird daraus ein Teufelskreis.
- Je mehr ein Kind verunsichert ist, ob es geliebt ist und die nötige Nähe erhält, desto eher reagiert das Kind mit Dominanz.
- Dem Kind immer wieder Nähe geben, die es braucht, und die Sicherheit und Geborgenheit
- Frustrationsquelle herausfinden
Wir wissen es alle: Wir haben es vergleichsweise gut und sollten demnach dankbar sein. Viele danken vor dem Essen, weil sie erkannt haben, wie wichtig es ist, sich das immer wieder bewusst zu machen. Nun, das Bewusstsein löst erst dann Dankbarkeit aus, wenn ich selber sie suche. Anerzogenes oder gar aufgezwungenes Danke-Sagen wirkt eher in der falschen Richtung, sonst wären wir wohl die dankbarste Generation. Wir danken nicht selten tausendmal auf einen Schlag oder mindestens vielmals…
Wie aber kommen wir zum Gefühl der Dankbarkeit, das ja viel mit Freude zu tun hat? Wenn wir einem Kind etwas schenken, suchen wir ja dieses und kein aufgesetztes Danke. Schon gar nicht wollen wir dem Kind das hässliche Gefühl der Dankbarkeitspflicht aufbürden.
Alles, was selbstverständlich ist, löst bei uns keine Dankbarkeit aus. Alles, was uns zukommt, wo wir denken ein Recht zu haben, ebensowenig. Ein Kind, das das Recht hat, von dir mit dem Auto zur Schule gebracht zu werden, wird nicht dankbar sein. Eines, das denkt, es habe das Recht, dass du dir täglich den Kopf zerbrichst, was ihm Spass machen könnte, wird höchstens unglücklich sein, wenn es dir nicht gelingt. Es wird sich elend und als Opfer fühlen, wenn der Nachmittag langweilig ist, und dir Vorwürfe machen.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir in unseren Familien eine klare Sicht dafür bekommen, wofür es ein Recht gibt und was uns fallweise zukommt, weil jemand uns aus freien Stücken etwas Gutes tun will. Das gilt für Kinder und Erwachsene. Wenn alles Pflicht ist, stirbt die Dankbarkeit und damit die Lebensfreude.
Eben merke ich, wie unser letzter Infobrief mit diesem zusammenhängt. Nein, es gibt kein Recht darauf, dass jemand uns liebt. Liebe, die Pflicht ist, ist keine. Lasst uns alle umso dankbarer sein für jene Liebe, die wir geschenkt bekommen.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 29. Februar 2016
Zusammenfassung Livesendung
1. Teil: Dankbarkeit
- Dankbarkeit ist ein gutes, schönes und positives Gefühl, wenn es echt ist
- Verpflichtete Dankbarkeit ist unangenehm
- Man kann ein Kind nicht dankbar stimmen - durch Appell erreicht man das Gegenteil
- Google Beispiel: Arbeitnehmer viel Freiheit - nach 6 Jahren war Freiheit für viele Arbeitnehmer eine Selbstverständlichkeit - ausser für diejenigen, die dankbar waren
- Verknappung hilft, sich aus dem Fluch der Selbstverständlichkeit zu befreien
- Sich freiwillig etwas für eine gewisse Zeit zu entziehen hilft, es wieder zu schätzen
- Überfürsorglichkeit führt nicht zu Dankbarkeit - den Mittelweg finden
- Dankbarkeit kann man nicht einfordern, man kann sie aber vorleben!
- Zentral ist Vorbild der Eltern. Dankbare Eltern sind das beste Tool
- Ein Kind sollte permanent das Gefühl haben willkommen zu sein
- Danke sagen ist eine gute und höfliche Gewohnheit. Aber mit einer guten Gewohnheit kann man keine Dankbarkeit erzeugen. Aber Kinder können negativ auffallen, wenn sie diese Anstandsregeln nicht gelernt bekommen haben
- Man sollte dem Kind nichts schenken, damit es einem dankbar sein muss. Durch die Dankbarkeitspflicht kann es die Freude am Geschenk verlieren
- Was ein Kind dankbar aufnimmt, bleibt auch länger hängen (z. B. Schule)
2. Teil: Diverse Fragen
- Grösseres Kind braucht Legitimation der Eltern, dass es sich beim jüngeren Geschwister durchsetzen darf (ohne Gewalt)
- Kind (3.5 Jahre) ruft nachts nach Mami und schreit umso mehr, wenn der Papi kommt. Kinder rufen primäre Bezugsperson. Könnte helfen, dass der Vater vor dem Einschlafen präsent ist.
- Phänomen vom Übermut. Bedeutet Kontrollverlust vom Kind. Mit einem Kind in Übermut kann man nicht reden, belehren - man sollte Kind auf friedliche Art dominieren, z. B. die Hände halten - also körperlich eingreifen. Die Übermut ist keine böse Absicht vom Kind. Wichtig: früh eingreifen, z. B. Situation wechseln, in den Arm nehmen und Raum verlassen
- Kind nicht wegstossen, wenn es sich schlecht benimmt - sondern es zu sich ziehen
- Ältere Kinder, die nichts mit sich alleine anfangen können: Langeweile aushalten, mit ihnen in die Natur gehen und ihnen ohne Druck Freiraum geben. Natur hilft Emergenz (= das Auftreten qualitativ neuer Eigenschaften) zu entfalten. Müssen nichts leisten, um sich angenommen zu fühlen
Wer kennt ihn nicht, diesen Schmerz: Da bin ich liebenswürdig und nett, und mein Gegenüber zeigt mir die kalte Schulter. Je unreifer Menschen sind, desto ungeschminkter kann eine solche Zurückweisung dann daherkommen.
Viele Kinder werden mit einer gefährlichen Idee infiziert: Wenn ich nett bin zu den Menschen, dann habe ich ein Recht darauf, dass andere auch nett sind zu mir. Das Sprichwort verspricht es ja: «Wie man in den Wald ruft, so kommt es zurück.» Nun ist das Sprichwort nicht einfach falsch, aber eine gefährliche Falle, wenn ich daraus statt einer Wahrscheinlichkeit ein Recht ableite und deshalb Gefahr laufe, frustriert zu sein oder gar in die Bindungsumkehr zu geraten, wenn meine Erwartung sich nicht erfüllt. Nein, es gibt zwar das Gebot zu lieben, aber kein Recht, dass Zuneigung immer erwidert wird.
Wenn dein Kind also nicht von allen Kindern geliebt wird, dann überlege dir gut, ob es nicht wichtig wäre ihm zu sagen, dass es jenen aus dem Weg gehen darf, ja soll, bei denen die Chemie nicht stimmt.
Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, jene feinen Zeichen lesen zu lernen, die sagen: «Ich möchte dich nicht verletzen, aber ich möchte mit dir keinen näheren Kontakt.» Eine solche Botschaft braucht keine Begründung, weil wir selber oft gar nicht wissen, warum das so ist. Kinder schon gar nicht. Wer eine solche Botschaft lesen und akzeptieren kann ohne bittere Gedanken gegen andere oder sich selbst, ist frei, vielleicht sogar frei dennoch zu lieben.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 25. Januar 2016
«Alle sind grösser, klüger, schöner als ich.» Viele Kinder vergleichen sich unablässig mit ihren Gleichaltrigen, aber auch mit ihren Geschwistern und fragen sich, ob ja alles immer gleichmässig und somit gerecht verteilt sei. Was für eine hoffnungslose Sache. Wer auf der Suche nach dieser Art von Gerechtigkeit ist, wird immer frustriert sein. Was für ein Eifer herrscht doch, im Namen der sogenannten Chancengleichheit, alle Besonderheiten und Spezialitäten einzuebnen.
Ich habe als Kind darunter gelitten, dass ich nicht war wie jene, die ihre Sachen nicht liegen lassen, ihre Hausaufgaben nicht vergessen und keine Termine verpassen. Es schien mir, als sei man ohne diese Gaben höchstens geduldet auf dieser Welt. Andere dachten wohl so in Bezug auf die Mathematik, die Rechtschreibung oder andere disqualifizierende Defizite. Wie schön wäre es, wenn wir uns entschliessen könnten, einander die Unzulänglichkeiten auszugleichen, statt sie uns vorzuwerfen! Ist es nicht ein wunderbarer Plan Gottes, dass wir ja eben gerade nicht autonom und unabhängig sind? Nicht einmal fortpflanzen können wir uns selbständig... Das göttliche Prinzip heisst Kooperation, nicht Konkurrenz und auch nicht Gleichmacherei. Im Stall zu Bethlehem versammelten sich die verschiedensten Kreaturen. Alle knieten sie vor Ihm. Das ist die Art von Gemeinschaft, von der ich träume. Ich wünsche euch allen gesegnete Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 28. Dezember 2015
Wenn ja, dann mache dir bewusst, wie frustrierend das für dich im Grunde ist. Wenn jemand deine Dienste, deine Zuwendung oder auch Dinge von dir entgegennimmt ohne ein Zeichen der Dankbarkeit, dann fühlst du dich zu Recht irgendwie beraubt. Vielleicht schüttelst du jetzt den Kopf. Wir haben uns daran gewöhnt, und es gilt als ausgemacht, dass Kinder ja das Recht haben auf Zuwendung, Schutz, Nahrung und Obdach. Ähnlich wie wir selber ja selber wenig dankbar sind für all die Segnungen, die uns zuteil werden. Manchmal schauen wir neidvoll auf Menschen anderer Kulturen, die fröhlicher und dankbarer sind als wir und deshalb wohl glücklicher trotz allen Mangels.
Ich lade dich ein darüber nachzudenken, woran das liegen könnte.
Was meinst du zu dieser These? "Kinder - ja, alle Menschen - haben dann Zugang zur Dankbarkeit und damit zu einem Stück Glück, wenn sie einen Mangel als Bedürfnis wahrnehmen und nicht als ein vorenthaltenes Recht." Wie aber kommen wir dahin? Ein Recht zu haben, ist zwar etwas Schönes. Wichtig wäre es, dankbar dafür zu sein, dass uns dieses Recht zugestanden wird. Es war ja nicht immer so!
Zentral aber ist es, dass wir die Bedürfnislage im Auge behalten. Sie steuert nicht nur die Hierarchie, sondern auch die Gefühle der Dankbarkeit. Wieso soll ein Kind dankbar sein, wenn man ihm eine Frage beantwortet, die es gar nicht gestellt hat? Wieso soll es dankbar sein für das elterliche Coaching, wenn es dieses als Kritik und Gängelei erlebt und die Aufgabenhilfe als mütterlichen Kontrollzwang? Oft ist es deshalb hilfreich zu warten, bis dem Kind ein Bedürfnis bewusst wird, als ihm vorschnell alles Ungemach aus dem Weg räumen zu wollen.Du kennst unseren Leitspruch: “Die wichtigsten Dinge im Leben kann man weder einfordern noch erzwingen: das Vertrauen, die Liebe, den Respekt und letztlich auch nicht den Gehorsam - nur hässliche Kopien davon.” Die Dankbarkeit würde auch in diese Liste gehören, und die “Dankbarkeitspflicht” wäre dann die hässliche Kopie.
Talk über das Monatsthema
Livesendung vom 30. November 2015